Der diesjährige Handelsblatt Energie-Gipfel, der vom 17. bis 20. Januar 2022 digital und in Berlin stattfand, war geprägt vom Thema Wasserstoff als dem Energieträger, der in seinen vielen Farben – je nach Art der Erzeugung – und Einsatzmöglichkeiten einen sehr gewichtigen Anteil am Gelingen der weltweiten Energiewende trägt.
Die Preisexplosion der fossilen Energien wie Öl, Kohle aber vor allem auch beim Erdgas stellen die Energiewirtschaft vor eine Reihe von Problemen. Insbesondere der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wie auch die Frage rund um die Nutzung der neuen Pipeline Northstream II sind zusätzliche Preistreiber. Die Bereitstellung von Energie und ihr Preis sind wichtige Standortfaktoren für die Industrie gerade in einem Industrieland wie Deutschland. Es stellt sich daher die Frage, wo all der Wasserstoff – idealerweise grüner – herkommen und wie die Infrastruktur aussehen soll.
Flächen für die Erzeugung von Solarstrom wie auch Windkraft gebe es in Deutschland in der Menge nicht, um ausreichend regenerative Energien wie auch Wasserstoff zu produzieren, so die gefühlt einhellige Meinung der Vertreter aller großen Energieversorger. Ein großer Teil des benötigten Wasserstoffs wird daher aus Regionen importiert werden müssen, wo die Rahmenbedingungen viel besser als hier sind. Wobei Deutschland auch jetzt über 70 Prozent seiner Primärenergie einführt.
Es geht aber auch um Fragen, wie grüner Wasserstoff überhaupt definiert wird. Wenn man dabei an die Taxonomie in der EU denkt, wonach auch Energie aus Kernkraftwerken und Erdgas als „grün“ eingestuft wird, gibt es noch Diskussionsbedarf.
Eine Umsetzungs- und Energiewendebehörde muss her
Ein breites Feld der Diskussion drehte sich während des Energiegipfels um die Regulatorik, die zuständigen Ministerien und das behördliche Vorgehen – sei es auf EU-Ebene, auf Bundesebene oder in der kommunalen Verwaltung. Hier müsse alles viel schneller und pragmatischer angegangen werden, da sonst die sehr ambitioniert gesteckten Klimaziele der Regierungskoalition nicht einmal im Ansatz erreicht würden. Letztendlich geht es um die Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Energiewende und der Wasserstoffwirtschaft. Denn klar ist: Ohne Wasserstoff geht es nicht, so der Konsens fast aller Redner.
Je schneller und unbürokratischer gehandelt wird, umso zügiger ist die notwendige Energie vorhanden. Die bisherigen Planungsverfahren, die oft bis zu zehn Jahre dauern, gilt es dramatisch zu beschleunigen. Hier sollte eine Neudefinition mancher Behörde bzw. staatlicher Anstalt (z.B. Bundesnetzagentur) erfolgen. Diese soll in ihrem Selbstverständnis pro-aktiv handeln und nicht behindernd wirken. Es müsse viel mehr ingenieurrechtliche Planungskompetenz in die zuständigen Stellen, statt eine rein juristische Behörde zu sein, hieß es.
Klimapolitik ist Industriepolitik
Gut sei es, dass das EEG nun endlich beendet und via CO2-Zertifikaten sowie der CO2-Bespeisung ein marktwirtschaftliches Regulativ im Sinne des Klimawandels eingesetzt wird. Nur muss auch klar sein, dass die Rahmenbedingungen zum Beispiel in den Ländern der EU vergleichbar sein müssen. Andere Länder verfügen diesbezüglich bislang über klare Wettbewerbsvorteile, da sie flexibler sind und schneller und pragmatischer agieren.
An Förderprogrammen des Bundes geht kein Weg vorbei, um den H2-Hochlauf einzuleiten, wobei Subventionen klar zeitlich begrenzt sein sollten. Da sind besonders Investitionsanreize sinnvoll und auch notwendig. Einen wichtigen Part spielt dabei die Wärmewende, denn diese ist für gut 40 Prozent des Energiebedarfes verantwortlich. Die strombasierte Wärmepumpe wird verstärkt kommen, aber auch Wasserstoff als Ersatz von Erdgas im Wärmesektor und parallel für die Stromerzeugung wird im Gesamtbild eine viel größere Rolle spielen.
Viele Gebäude lassen sich zudem nicht mal eben über Nacht energetisch auf den neuesten Stand der Technologie bringen. Auch Fernwärme geht nur begrenzt. Der Bestand an Gaskraftwerken müsse daher dramatisch ausgebaut werden und perspektivisch statt mit Erdgas dann mit Wasserstoff betrieben werden. Kurzum: die Energiewende vor allem unter Ausnutzung der Potentiale des Wasserstoffs wird kommen und auch gelingen, es geht aber a) nicht über Nacht und muss b) bezahlt werden.
Energie muss aus der Zukunft heraus gedacht werden
Bislang werden Szenarien entwickelt, wieviel Energie im Jahr 2030, 2040 oder 2050 vorhanden sein soll. Wäre es nicht besser, von der Zukunft aus auf das Heute zu schauen? Was muss heute getan werden, um die Ziele erreichen zu können? Schließlich kommen völlige neue Energieverbräuche ins Spiel, wenn man zum Beispiel allein die Elektromobilität betrachtet. Es geht hierbei um das Profil des Wirtschaftsstandortes Deutschland, um Themen wie die Digitalisierung der Energiemärkte (Strom) und die dezentrale Produktion und Nutzung. Gesamtheitliches Denken ist notwendig.
Die Politik macht zwar die Rahmenbedingungen, aber die Wirtschaft setzt die Maßnahmen dann um. Deshalb sollte der Wirtschaft mehr Gestaltungsspielraum gegeben werden, forderten deren Vertreter. Zu viel „falsche“ Regulatorik könne schnell dazu führen, dass Unternehmen woanders in der Welt als hier investieren. Bislang gebe es noch zu viele Investitionsblockaden. Zudem werde in anderen Teilen der Welt sachlicher, konsequenter und zum Teil auch rücksichtsloser vorgegangen.
5 statt 10 GW bis 2030
Die neue Regierung bzw. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Potentiale des Wasserstoffs nicht nur erkannt, sondern fördert nun auch den Hochlauf. So soll die wasserstoffbasierte Energieproduktion bis zum Jahr 2030 von geplanten 5 GW auf 10 GW erhöht werden. Klar sei, dass Wasserstoff in den benötigten Mengen erst einmal aus dem Ausland kommen wird, wo die Rahmenbedingungen besser als hier sind. Zudem wird der noch nicht wettbewerbsfähige Preis für grünen Wasserstoff in der Anfangsphase subventioniert. H2Global ist die hierfür geschaffene Institution.
Was die Farbe des Wasserstoffs angeht, gibt man sich nun pragmatischer und lässt u.a. auch den blauen (via Erdgasreformierung) übergangsweise als sinnvoll zu, bis die Farbe Grün übernimmt, wobei auch auf den auf Biogas basierenden gelben Wasserstoff gesetzt werden sollte. Weltweit sollen nun Verträge ausgehandelt werden, Wasserstoff einzukaufen. Ein solches Beispiel stellt ein Abkommen mit der Ukraine da bzw. ein privatwirtschaftliches Projekt der australischen Firma Fortescue mit der Firma Covestro (100.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr). Die Förderung der Forschung in Sachen Elektrolyse gilt es besondere Aufmerksamkeit zu geben. Mehrfach wurde von verschiedenen Rednern gefordert, Steuern auf Energie zu senken, um Investitionsanreize zu schaffe.
Fazit des sehr informativen, inhaltsvollen Kongresses ist, dass Wasserstoff keine Option ist, sondern ein Muss für die Umsetzung der Klimawende. Wichtig dafür ist, die Umsetzungsgeschwindigkeit zu erhöhen. Wasserstoff wird in immer größeren Mengen zu immer besseren (niedrigeren) Preisen verfügbar sein und als handelbare Ware (Commodity) an den Energiemärkten der Welt massiv an Bedeutung gewinnen.
Autor: Sven Jösting
Klar ist,dass die CSU/CDU-Regierung 16 Jahre lang alles verschlafen hat, auf Kosten gieriger Vorstandsbosse und Aktionäre. Die Wirtschaft hat fein mitgemacht.
Es muss endlich aufhören immer woanders den Gral zu suchen.
Man sollte jetzt endlich mal die Verantwortung für das übernehmen was unsere Kinder und Enkel erwarten wird. Das wird nämlich keine rosige Zukunft werden. Und immer noch werden die nachkommende Generation auf brüllende, brummende, Luft verschmutzende Neandertal-Verbrennermotoren getrimmt.
Packt jetzt endlich mal die Zukunft an. Es gibt nur den einen Weg: Auf einem gesunden Planeten zu leben.