BZ-Auto fahren ist komfortabel – und immer noch aufregend
Insgesamt 10.000 Exemplare seines Nexo hat Hyundai bislang auf die Straße gebracht. Seit dem Marktstart im März 2018 lieferten die Südkoreaner mehr Brennstoffzellenautos als jeder andere Anbieter aus – allein im Juli 2020 waren es im Heimatmarkt 700, weitere 89 in anderen Ländern. Eines dieser Fahrzeuge durfte die HZwei-Redaktion in diesem Sommer Probe fahren, und so viel kann vorab schon verraten werden: Wäre er nicht so teuer und wäre eine H2-Tankstelle in der Nähe, wäre dieses Auto erste Wahl.
Die Frage, ob der Einsatz von Brennstoffzellen in Privat-Pkw sinnvoll ist, wird immer noch heftig diskutiert. Klar ist allerdings schon heute, dass der Einbau von BZ-Systemen, die im Vergleich zum reinen Batterieantrieb relativ komplex sind, nur in großen, schweren Modellen ratsam ist. Kleine Stadtflitzer werden auch in Zukunft am besten über einen Akku mit Strom versorgt, aber für alles, was so groß ist wie ein SUV (Sport Utility Vehicle) oder größer, käme eine Brennstoffzelle in Frage.
Der Nexo ist solch ein SUV – groß und geräumig, aber trotz seines Gewichts (1.890 kg) leicht zu händeln. In seiner typischen kupferfarbenen Lackierung wird er netterweise von Hyundai Deutschland direkt vor der Tür abgestellt, damit ich ihn mehrere Tage im Alltag erproben kann.
Probefahrt bis nach Dänemark
Ich nutze ihn für eine Dienstfahrt an die dänische Grenze, wo eine Pressetermin ansteht. Zunächst plane ich aber die Route, denn anders als bei Benzin und Diesel macht das dünne Tankstellennetz eine gewisse Voraussicht erforderlich. Aber das kenne ich noch von meinen ersten Fahrten vor Jahren mit Flüssiggas und auch von anderen Testfahrten mit Elektroautos (egal ob mit BZ- oder Batterieantrieb).
Nach einem Blick auf die Homepage von H2 Mobility www.h2.live ist klar, dass ausgerechnet an dem Termin der Pressekonferenz die vergleichsweise neue Wasserstofftankstelle in Flensburg-Handewitt geschlossen ist. Wie ich später erfahren werde, soll die Station ein neues Dach bekommen. Also überlege ich mir eine Route, auf der ich auch ohne Nachtanken im Norden heil wieder zurückkommen müsste.
Ich breche von Oberkrämer (nordwestlich von Berlin) auf gen Westen, um zunächst die Station in Hagenow zu testen. Da bei der Abfahrt die mögliche Reichweite nur noch bei 202 km liegt (mein erwachsener Sohn hatte am Vorabend noch ein bisschen vor seinen Freunden bei einer Testfahrt mit dem Neuwagen geprotzt), fahre ich entspannt mit 120 Stundenkilometern und komme gut voran. Die Adressen der Tankstellen sind alle bedienerfreundlich sowohl auf der Internetseite als auch in der App angegeben und mit einem Routenplaner verknüpft, so dass sofort die Fahrstrecke und auch die Entfernung ersichtlich sind.
Etwas irritierend ist, dass das im Nexo installierte Navigationsgerät diese H2-Tankstelle nicht kennt. Aber als ich vor Ort um die Ecke biege, sehe ich schnell, dass mein Vertrauen in die H2-Live-App berechtigt war. Wasserstoff ist dort an der Markentankstelle zwar noch nicht auf der Preistafel ausgewiesen, aber die weiß-blaue Zapfsäule ist trotzdem von weitem gut zu erkennen. Als dann allerdings der erste Tankversuch scheitert, ist die Nervosität auf einmal groß, denn ich weiß, bis nach Hamburg komme ich mit dem restlichen Sprit nicht.
Nach einem fragenden Blick zur Tankwärtin verweist diese lediglich auf die Bedienungsanleitung sowie an die Hotline. Beim zweiten Versuch gelangen immerhin 0,3 kg in den Tank, bei Durchgang drei sind es dann 0,2 kg und danach nur noch 0,15 kg. Erst beim letzten Anlauf, als ich kurz davor bin abzubrechen, drücken die Kompressoren so, wie sie sollen, die 700-bar-Tanks des Fahrzeugs voll. Puh, Glück gehabt, ansonsten wäre es knapp geworden, denn wie sich später herausstellen soll, ist in Hamburg gerade die Station in der HafenCity, zu der ich ansonsten fahren würde, ausgefallen. Da auch die Tankstelle in der Schnackenburgallee außer Betrieb ist, gäbe es noch zwei Alternativen, aber für lange Kurvereien würde der Kraftstoff wohl nicht reichen.
So kann ich aber mit vollem Tank und 568 km Reichweite Vollgas geben, quer durch Hamburg in meine alte Heimat mit einem Abstecher an die Elbe, dann zum Nachtanken nach Brunsbüttel. Auch dieser Standort ist im Nexo-Navi nicht vermerkt, funktioniert aber einwandfrei. Von dort geht es weiter nach Norden nach Bosbüll, wo Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer das eFarm-Projekt starten will (s. S. 24.)
Man ist nicht allein
Anschließend fahre ich noch kurz über die dänische Grenze nach Tondern und über Schleswig und Eckernförde nach Hamburg, wo inzwischen die Probleme in der HafenCity beseitigt worden sind. Ich entscheide mich aber für die Tankstelle in der Bramfelder Chaussee, da ich die noch nicht kenne. Überraschenderweise drängelt dort bereits ein weiterer Nexo-Fahrer, als ich vom Toilettengang zurückkomme. Dies erlebe ich selbst bei Flüssiggastankstellen nur äußerst selten, dass zwei Fahrzeuge gleichzeitig vor der einzigen Zapfsäule stehen.
Zurück in Berlin erlebe ich dieses Phänomen gleich noch einmal. Auch dort steht plötzlich ein weiterer Nexo-Fahrer neben mir. Als ich ihm erzähle, dass meine Tanks gerade nur zu 90 Prozent befüllt worden seien, berichtet er prompt, er komme gerade aus Magdeburg, wo die H2-Tankstelle gar nicht funktioniert habe, so dass er sich jetzt über jedes Kilogramm Wasserstoff freue.
Über den Nexo muss nicht mehr viel gesagt werden (s. HZwei-Heft Jan. 2019). Ein sehr angenehmes Auto, das sich leicht und leise fährt. Irritierend bei der ansonsten sehr komfortablen Fahrt ist lediglich, dass die Motorhaube bei 150 Stundenkilometern sichtbar zu „flattern“ anfängt“.
Hyundai Kona Elektro
Die Batterievariante von Hyundai, der Kona Elektro, ist im direkten Vergleich zum Nexo etwas kleiner und damit handlicher. Während die BZ-Ausführung recht massiv daherkommt, mutet das BEV (Batterie Electric Vehicle) sportlicher an. Für ein rein batteriebetriebenes Modell weist es eine beachtliche Reichweite von 484 km (mit 64-kWh-Akku) auf und kostet 41.850 Euro.
Sae Hoon Kim, Chef der Brennstoffzellenabteilung bei Hyundai, erklärte gegenüber der Welt: „Dieses Jahr planen wir den Bau von 13.000 Nexo und wollen die Fertigung von nun an jedes Jahr kontinuierlich steigern.“ Weiter erklärte er, der Preis, der aktuell bei 77.000 Euro liegt, solle im Jahr 2025 vergleichbar mit dem von Elektrofahrzeugen mit Batterieantrieb sein.
Danke für den interessanten Bericht. Interessant wäre es zu erfahren, ob das folgende FCEV an der Tanke den Tank tatsächlich voll bekommen hat nzw. wie lange dies dauerte.
Denn man hört /liest immer wieder über die Notwendigkeit /Zeitaufwand, den 900bar Vordruck für die nächste Betankung erneut aufzubauen …
Interessante Behauptung:
„Weiter erklärte er, der Preis, der aktuell bei 77.000 Euro liegt, solle im Jahr 2025 vergleichbar mit dem von Elektrofahrzeugen mit Batterieantrieb sein.“
Wenn überhaupt, dann ist der FCEV-PKW-Preis 2025 allenfalls mit dem Preis von Elektrofahrzeugen mit Batterieantrieb aus 2020 vergleichbar. Denn dass die Preise bei BEV bis 2025 nicht weiter fallen /die Technologie + Reichweite nicht weiter verbessert wird, ist angesichts der aktuellen Lern- und Preiskurve wohl nicht realistisch anzunehmen.
Dass die Preise für FCEV-PKW stärker fallen als bei BEV ist nicht nur angesichts der geringeren Stückzahlen, sondern auch angesichts der aufwendigeren Technik unwahrscheinlich.
Natürlich ist der Hyundai Nexo (bzw. alle FCEV) faszinierende Technik. Aber nicht nur die aufgezeigten Einschränkungen bei der Tankstellenstruktur machen den Masseneinsatz fragwürdig.
Der Hyundai-Kia-Konzern lieferte also im Rekordmonat Juli 2020 satte 789 Nexo aus.
Im bisherigen Rekord-Jahr-2019 waren es 4.818 Einheiten.
Für 2020 werden etwa 7.000 Einheiten des Nexo erwartet:
http://ev-sales.blogspot.com/search/label/Hyundai
Dem stehen allein Q1-Q3 2020 >85.000 reine BEV aus dem Hyundai-Kia-Konzern gegenüber. Was das für das Kostenskaling bedeutet, kann sich jeder überlegen.
Danke für diesen informativen Bericht, Sven. Es bleibt spannend.
Hat jemand die neuesten Zulassungszahlen für Wasserstoff-Pkw`s in Deutschland?