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Beitrag von Sven Jösting

9. November 2020

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Ballard steht am “Inflection Point“

Die aktuellen Zahlen von Ballard sind das Eine, die Aussichten etwas Anderes. Zuerst zu den Zahlen für das dritte Quartal: 25,6 Mio. US-$ Umsatz waren am unteren Rand der Erwartungen aber nicht sehr aussagefähig. Der Verlust von 11,2 Mio. US-$ bzw. 0,05 US-$ pro Aktie sind hohen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie anteilig unter anderem den Anlaufverlusten in China in Höhe von 2,8 Mio. US-$ im Berichtsquartal geschuldet. Eindeutig negative Auswirkungen auf die Aktivitäten des Unternehmens hat Covid-19, da a) die Reisetätigkeit eingeschränkt war/ist und b) mancher Auftrag verzögert abgegeben wird.

Finanziell sieht es sehr gut aus: 361,7 Mio. US-$ liegen auf der Bank und 32,7 Mio. US-$ kommen in diesem vierten Quartal noch als Abschluss des 250 Mio. US-$ ATM-Programms dazu. Die Aussichten können nicht besser sein, so dass der in 2021 scheidende Finanzvorstand erklärte, dass er das Unternehmen – aus persönlichen Gründen – zu einem Zeitpunkt verlassen werde, wo man an einem wichtigen „Schmelzpunk“, dem so genannten Inflection Point, stehen würde.

In China gibt es ein neues 4-Jahresprogramm der Regierung, welches das Ziel hat, bis zum Jahr 2030 mindestens 1 Mio. BZ-Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen und 1.000 H2-Tankstellen bereitzustellen. Gefördert werden vorerst 36 Regionen/Großstädte, wonach diese nachweisen müssen, dass sie fähig sind, den Gesamtkomplex Wasserstoff abbilden und eigene Aktivitäten vorweisen zu können. Dies beinhaltet die Produktion von grünem Wasserstoff sowie die Aufstellung der Logistik bis hin zum Einsatz in verschiedenen Fahrzeugen.

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100.000 wasserstoffbetriebene Kraftfahrzeuge sind – parallel der Aufbau der H2-Infrastruktur – das Ziel bis zum Jahr 2025. Zudem sollen die Regionen beweisen, dass sie technologisch gut aufgestellt sind. Ich interpretiere dies so, dass Ballard/Weichai eventuell mancher Region Know-how-Unterstützung geben könnten, da vor allem wasserstoffbetriebene Busse und Lastwagen gefördert werden sollen. Hier kommen sicherlich Aufträge für deren Joint Venture, auch wenn es nicht ganz so schnell wie erwartet geht, da zunächst abgewartet werden muss, welche Region von der Regierung den Zuschlag erhält. Das Gute dabei ist, dass Ballard vorweisen kann, dass die mit den eigenen BZ-Stacks ausgestattete Nutzfahrzeuge auf Chinas Straßen eine Verfügbarkeit von 98 Prozent erreicht haben – eine sehr gute Visitenkarte.

Was machen Audi und Mahle?

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Viele führende Autokonzerne der Welt konzentrieren sich erst einmal auf die Elektromobilität mittels Batterie. So ist es in meiner Interpretation zu verstehen, dass Audi die gemeinsam gehaltenen Rechte an dem sehr vorzeigbaren FCgen-HPS-Stack an Ballard vollends übertragen hat, was nun auch den Einsatz in Pkw betrifft. Damit ist es Ballard freigestellt, diese Technologie im Markt auch mit anderen Unternehmen der Branche zu teilen. Audi könnte dann meines Erachtens in ein paar Jahren die verfügbaren Stacks von Ballard kaufen, wenn das Thema Batterie „abgefrühstückt“ ist und sich VW dem Thema Brennstoffzelle neu annimmt. Das mag auch mit der aktuellen Grundhaltung bei VW und dessen CEO konform gehen, der der Batterie eindeutig den Lead gibt. Meiner Meinung nach bestehe eine sehr große Chance und Wahrscheinlichkeit, dass die Brennstoffzelle auch in Pkw über kurz oder lang eine wichtige Rolle einnehmen wird.

Bei Lkw wie auch bei Bussen sollte man darauf achten, was Toyota und Hyundai entwickeln, denn das beschreibt gut den Weg der ganzen Branche. Von Ballard heißt es, mit Mahle habe man einen sehr guten Partner gewonnen. Mahle ist ja bereits gut positioniert, was BZ-Systeme (z. B. Luftfiltern, Temperaturmessern u.a.) betrifft. Da erwarte ich eine Art Joint Venture auch in der Produktion – ohne Obligo.

UAV-Deal mit Honeywell

Den Verkauf der Drohnensparte an Honeywell habe man aus der Überlegung heraus vollzogen, dass man mit denen sehr gut zusammenarbeiten kann, weil Honeywell in diesem Bereich schon sehr gut aufgestellt ist, heißt es von den Kanadiern. Für mich resultiert daraus die Erwartung, dass Aufträge für Ballard und eventuell sogar ein Joint Venture folgen könnten. Ballard selbst will konzentriert auf die Märkte gehen, wo man bereits perfekt positioniert sei, also Lkw, Busse, Schiff und Schiene. Ich halte diesen Weg für sehr zielführend, da man in diesem Markt nicht – salopp formuliert – auf jeder Hochzeit tanzen kann. Anders ausgedrückt: Das Eine tun, ohne das Andere zu lassen. Ein sicherlich sinnvoller Schritt.

Führender bei MEA für Elektrolyseure

Neu war mir, dass Ballard im Markt der PEM-Elektrolyseure technologisch um Jahre voraus sei, was die MEA angeht, die bei Elektrolyseuren immerhin eine Wertschöpfung von bis zu zwei Drittel ausmacht. Hier sieht man Potential für Kooperationen aber – so meine Interpretation – auch für Akquisitionen. Die Elektrolyse ist ein Kernbereich der ganzen Wasserstoff-/Brennstoffzellenentwicklung. Es gibt Studien, die Investitionsvolumen von bis zu 150 Mrd. US-$ langfristig (20 bis 30 Jahre) prognostizieren, geht es doch darum, immer effizienter in immer höherem Volumen zu immer niedrigeren Preisen Wasserstoff zu produzieren.

Ausblick

2021 ist damit zu rechnen, dass größere Stack-Aufträge für Busse kommen werden. Da könnte Europa den Lead neben China machen. In Großbritannien plant man wohl Förderprogramm für 5.000 BZ-Busse. Ballard-Partner Wrightbus sieht für sich selbst ein Potential von 3.000 Exemplaren. 2022 sei das Jahr, in dem der Rollout bei BZ-Lkw beginne werde. 2022/23 geht es dann wohl bei Schienenfahrzeugen und anschließend auch im Schiffssektor richtig los. Parallel gibt es immer mehr H2-Förderprogramme einzelner Länder (z. B. Deutschland, Spanien, Norwegen, Portugal, Frankreich, Kanada) und – so meine Interpretation der Wahlen in den USA – auch die USA, wobei Kalifornien da eh schon sehr aktiv ist.

Fazit

Ballard ist für den Markt der Brennstoffzelle perfekt positioniert. Noch müssen wohl 100 bis 120 Mio. US-$ investiert werden, um das Unternehmen so zu positionieren (Kapazitäten, IP u. a.), damit ein nachhaltiger Übergang in die Gewinnzone finanziert werden kann, aber das stellt bei einem Bargeldpolster von annährend 400 Mio. US-$ nun wirklich kein Problem dar. Es kann alles – siehe China – auch viel schneller gehen, aber der Weg ist das Ziel. Und so sehe ich die Ballard-Aktie als den Schlüsselwert der ganzen Branche, in der das kanadische Unternehmen Marktführer ist, an. Und die Börse wird dieses Potential entsprechend

bewerten, so dass ich innerhalb der kommenden Jahre Kurse erwarte, die der Entwicklung aus den Jahren 2001/03 nicht nachstehen müssen. Aber das ist der Devise geschuldet: We all guess!

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 7. November 2020

Kategorien: Allgemein

4 Kommentare

  1. sven jösting

    Meine Herren, ich sehe das anders ref. AUDI. Ballard ist nun frei, den HCgen-Stack auch für PKW anderer Hersteller zum Einsatz zu bringen. Weniger gut hätte ich es empfunden, wenn AUDI diesen nicht frei gegeben, sondern blockiert hätte – für den Einsatz in PKW. Klar ist: die BZ wird erst mal in LKW, Bussen, also NFZ-Bereich richtig zum Einsatz kommen, aber es dauert, was auch normal ist.
    China: da gibt es Langfristprogramm = 1 Mio BZ-Fahrzeuge bis 2030 aber vorher 4-Jahres-Programm mit 100.000 KFZ bis 2024. In den kommenden Tagen soll das Programm für 36 Provinzen/Regionen/Großstädte auf den Markt gebracht bzw. definiert werden, also dann definiert wird, welche Förderung (subsdies) da kommen. Es ist alles im Fluss und Ballard voll dabei – ganz vorne. Nur geht es was die Produktion der Stacks angeht, erst 2021 richtig los; das wurde aber nie anders dargestellt. Alle BZ-Unternehmen kommen nun peu a peu mit Produkten und Aufträgen/Märkten in Gang und aus der reinen F & E-Zeit heraus. Man muss nur Zeit mitbrimgen, denn kein neuer Megatrend ist innert 1 Jahres voll im Fluss….Der Weg ist das Ziel.

  2. Rafael

    Ich muss Ihnen leider widersprechen und wäre interessiert woher sie ihre Informationen einholen.. Nach kurzer Recherche folgendes gefunden:“Jetzt wird die Brennstoffzellen-Technologie landesweit mit Milliarden von Yuan gefördert. Chinesische Medien haben ausgerechnet, dass in den Bereich in den kommenden 4 Jahren rund 100 Milliarden Yuan (umgerechnet 13 Milliarden Euro) fließen können.“ Quelle:
    https://m.onvista.de/news/brennstoffzellen-china-legt-foerderprogramm-in-milliardenhoehe-auf-belohnung-fuer-fortschrittliche-wasserstoff-technologien-398566725

  3. Joe Schmidt

    Sven Jösting schreibt:
    „So ist es in meiner Interpretation zu verstehen, dass Audi die gemeinsam gehaltenen Rechte an dem sehr vorzeigbaren FCgen-HPS-Stack an Ballard vollends übertragen hat, was nun auch den Einsatz in Pkw betrifft. …Meiner Meinung nach bestehe eine sehr große Chance und Wahrscheinlichkeit, dass die Brennstoffzelle auch in Pkw über kurz oder lang eine wichtige Rolle einnehmen wird.“
    Tja, meiner Meinung nach ist dies ein deutliches Zeichen, dass auch Audi begriffen hat, dass H2-BSZ-PKW schlicht nie kommen werden – zu aufwendig, zu teuer und völlig unwirtschaftlich. Außer ein paar Prestige-Projekten baut kein Autokonzern FCEV als PKW für die Masse oder hat entsprechende Großserien-Fahrzeuge in der Pipeline.
    „Bis zu“ 30.000 Einheiten im Jahr für den neu vorgestellten Toyota Mirai II FCEV-PKW sind eine deutliche Ansage, dass dieses Pferd tot ist.
    Nicht einmal China taugt als Beleg für Ihre Behauptung, wenn Sie sogar selbst eingestehen dass dort: „… vor allem wasserstoffbetriebene Busse und Lastwagen gefördert werden sollen.“
    Auch wenn wir hier im H2-Blog sind – die rosarote Brille sollte man ab und an abnehmen, um sich der Realität zu stellen.

    • Arno A. Evers

      Stimmt, Joe Schmidt, das sehe ich auch so. Irgendwie/irgendwann werden diese gebetsmühlenartigen Wiederholungen auch langweilig.

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