Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

16. Mai 2017

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Wasserstoff-Betankung in Deutschland

Mirai

Steht bereits im Showroom – der Toyota Mirai


Sind Sie schon einmal mit einem Brennstoffzellenauto gefahren? Und haben Sie schon jemals an einer Wasserstoffstation getankt? Falls ja, dürfte es Ihnen ähnlich gegangen sein wie mir: ohne eine Tankkarte der Clean Energy Partnership (CEP) läuft da nichts. Ich durfte neulich einen Toyota Mirai Probe fahren – und auch Probe tanken. Das Auto fuhr super, die Technik ist ausgereift, aber was bei mir hängen blieb, war letztlich die Frage, wie denn wohl mittelfristig die Wasserstoffbetankung geregelt werden soll.
Kann man tatsächlich von Marktreife sprechen, wenn alle Fahrer von Brennstoffzellenautos eine technische Einweisung in Form einer Betankungsschulung über sich ergehen lassen müssen, bevor sie eigenhändig Wasserstoff tanken dürfen? Und – dies ist wahrscheinlich die noch viel wichtigere Frage – warum wurde dieses merkwürdige Prozedere in den vergangenen zwanzig Jahre nicht schon längst abgeschafft? Flüssiggas und Erdgas können doch auch ohne Auflagen oder Weiterbildungsmaßnahmen getankt werden. Warum nicht auch Wasserstoff?
Ich fragte bei der H2 Mobility Deutschland GmbH nach. Die sagte zur H2-Betankung: „Leider ist das noch nicht ohne CEP-Karte möglich.“ Seitens der CEP hieß es dazu lapidar: „Im Zuge des weiteren Ausbaus und der Übernahme der Tankstellen durch H2 Mobility wird sich in diesem Bereich sicherlich einiges bewegen.“ Immerhin wurde in Aussicht gestellt, dass auch andere Bezahlmöglichkeiten eingeführt werden könnten. Derzeit kann jedoch nur mit der H2-Card, die zur Autorisierung und Bezahlung (per Rechnung) dient, getankt werden.
Ich nahm daraufhin Kontakt mit BeeZero auf, da deren Carsharing-Kunden ja ebenfalls betroffen sind, wie ich dachte. Wer allerdings bei dem Linde-Tochterunternehmen in München ein Brennstoffzellenauto ausleiht, bekommt einen ganz besonderen Service. Im BeeZero-Jargon hießt das: „Aktuell ist es so, dass man in Deutschland zum Tanken eine kurze Einweisung braucht, daher übernehmen wir das aktuell für unsere Kunden.“ Bei Bedarf kann zwar auch „eine kurze Tankschulung direkt vor Ort“ durchgeführt werden, aber die müssen nicht alle BeeZero-Fahrer über sich ergehen lassen. Ausgesprochen freundlich wurde mir dazu mitgeteilt: „Wenn du eine längere Fahrt machen möchtest, dann bieten wir gerne eine Tankschulung an. Das ist gar kein Problem.“
Toll! Ich frage weiter: „Und wie bezahle ich dann?“ Daraufhin die Antwort: „In Deutschland kann man nur mit CEP-Karte zahlen.“ Registrierte Kunden, die eine Tankschulung erhalten haben, bekommen also mit dem Carsharing-Wagen für eine gewisse Zeit eine CEP-Karte. Die Tankkosten übernimmt BeeZero.
Anders ist es in Österreich: In Bozen und Innsbruck gilt die Karte nicht, hier muss direkt gezahlt werden (bar oder Kreditkarte), aber auch das erstattet BeeZero („ist im Preis bereits mit drin“). Außerdem stellt das Unternehmen nach eigener Auskunft sicher, „dass immer genug volle Autos zur Verfügung stehen“.
Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass derzeit offiziell noch jede Betankung unter der Bezeichnung „industrielle Befüllung“ läuft, und für derlei Vorgänge ist eine vorausgegangene Einweisung die Voraussetzung. Aller Voraussicht nach wird sich dies frühestens Ende dieses Jahres ändern.
Ein Knackpunkt, warum immer noch „industriell befüllt“ werden muss und nicht ganz einfach von jedermann getankt werden kann, ist die korrekte Messung der Wasserstoffmenge. Dies bestätigte mir auch die H2 Mobility: „Eichen ist eine Herausforderung.“
Bis dato liegen für die zurzeit in Betrieb befindlichen Wasserstofftankstellen nur Einzelzulassungen mit Sonderbetriebsgenehmigung vor, schließlich war bisher jede H2-Station anders konzipiert als die vorherige, da es sich überall um Demonstrationsanlagen handelte, an denen neue Technologie erprobt werden sollte. Mittlerweile ist diese Erprobungsphase jedoch abgeschlossen und die ersten „normalen“ Kunden wollen tanken.
Diese Phase hat sich ja lange genug angekündigt: Es war frühzeitig genug absehbar, wann – zuerst die asiatischen – Automobilhersteller Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Markt bringen würden. Dass deren Fahrer jetzt an diesen Versuchsstationen stehen und nicht ohne Einweisung ihre Autos befüllen dürfen, heißt nichts anderes, als dass gleich mehrere Akteure zuvor geschlafen haben: die Tankstellenbetreiber, die Gasefirmen, die NOW inklusive CEP und auch die Politik. Anders formuliert: Toyota und Hyundai konnten anscheinend zu zweit nicht dafür sorgen, dass am Ende der zentralen Phase der Clean Energy Partnership wirklich frei zugängliche, betriebsbereite H2-Tankstellen in Deutschland stehen.
Anstatt jahrelang über das Henne-Ei-Problem zu lamentieren, hätte es gereicht, wenn nur ein Verantwortlicher ein bisschen Weitsicht bewiesen und diesen Punkt rechtzeitig geklärt hätte, schließlich gab es frühzeitig Hinweise auf die Problematik (u. a. im HZwei-Heft April 2016: „Eichpflichtige Mengenmessung regenerativer Gase“).
Jetzt ist die Lage aber vergleichbar mit einem Szenario, in dem der Apple-Gründer Steven Jobs bei der Einführung des iPhones die neuen Geräte zwar zum Verkauf anbietet, aber dann nach der Aushändigung hinzufügt, für die Wiederaufladung der Akkus müsse jeder Kunde eine Schulung besuchen. Da ist es doch kein Wunder, dass der Toyota Mirai hier in Deutschland nur so zögerlich gekauft wird.
Tesla mit seinen Elektroautos macht das anders: Anstatt jemanden zu belehren, versprach Firmen-Chef Elon Musk allen Erstkunden, dass sie ein Leben lang kostenlos Strom laden können. Geht doch.
Kategorien: Allgemein

2 Kommentare

  1. Dr. Artur Braun

    Ich sehe das viel positiver.
    Ich habe schon 5000 Kilometer Wasserstoff für Geschäftsreisen hinter mir.
    Mit dem Hyundai ix35. Nach dem Motto „Das wollen wir doch mal sehen, ob das Fuel Cell Electric Vehicle nur ein City Auto für kurze Reichweiten ist“.
    Zuerst von Zürich nach Lausanne. Dann nach Basel. Dann nach Berlin. Dann nach Luxembourg. Dann nach Straßburg. Und zuletzt nach Darmstadt.
    Gewiß: die Organisation von Fernreisen fordert etwas Vorbereitung.
    Ohne CEP Karte hätte ich nicht nach Berlin gekonnt.
    Aber ich habe eine CEP Karte bekommen – und sie hat immer funktioniert.
    Kauf auf Rechnung.
    In ST@RT HÜRTH bei Fürth Chemie bei Köln konnte ich gratis tanken, wenn auch nur mit 350 bar und telefonischer Anmeldung. Aber es hat funktioniert.
    Der Wasserstoff dafür ist ein Nebenprodukt der chemischen Industrie.
    Bei COOP Pronto in Hunzenschwil kann man mit Kreditkarte H2 bei 700 bar tanken,
    aber es waren einem 150 Franken als Deposit einbehalten auf der Kreditkarte. Der Wasserstoff kommt aus einem Wasserkraftwerk im benachbarten Aarau. Sauberer Wasserstoff aus nachhaltiger Produktion.
    Der Wasserstoff am ISE in Freiburg kommt aus Sonnenenergie – mit CEP Karte.
    Bei uns an der Empa kümmert sich das Garage Personal um die Betankung der Fahrzeuge. Wir haben eine eigene H2-Tankstelle mit Elektrolyse.
    Für all diesen Wasserstoff für’s Fahren braucht kein Öltanker durch den Schatt-el-Arab oder durch den Suez-Kanal zu fahren.
    Ich bin froh, daß man mich in die H2-Tanktechnik vor Ort bei COOP Pronto und bei der Shell H2 Tankstelle in Geisingen A81 eingewiesen hat. Als interessierter Kraftfahrer 🙂 kann ich dabei auch sonstiges Interessante erfahren.
    Zur Zeit müssen wir „neuen“ Wasserstoff-Pioniere, die wir nur fahren und die wir noch nichts an Infrastruktur organisiert und erst recht nichts gebaut haben, zusammenhalten.
    Ich denke, es ist sehr viel erreicht worden und die Zukunft heißt Wasserstoff.
    Ich mußte keine lange Batterieladepause in Geiselwind einlegen.
    Wasserstoff tanken geht so schnell wie Benzin tanken. Und das FCEV fährt lautlos wie ein deutsches U-Boot.
    Habe mir über’s Wochenende einmal ausgerechnet, wieviel Energie der Hyundai ix35 an Superbenzin verbraucht oder an Wasserstoff für dieselbe Strecke.
    Für den Verbrennungsmotor (bei allen allen Fahrzeugen auf der Welt) ist das Ergebnis niederschmetternd.
    Die Brennstoffzelle hingegen steht glänzend da.
    Den Hyundai kann man schon von der Stange kaufen und man kommt mit ihm durch große Teile von Europa. Von Bergen nach Bozen, von Berlin bis Großbritannien. Toyota verkauft den Mirai, Honda hat ein FCEV auf den Markt gebracht und Hyundai stellt schon weitere Modelle vor.
    Während meiner Doktorarbeit am Paul Scherrer Institut habe ich die Brennstoffzellenforschung für Automobile in unserer Abteilung am Rande mitverfolgen können. Es war nie mein Forschungsstand- und Arbeitsgebiet.
    Während meines Sabbaticals in Hawaii 2010 belächelte ich noch den Chrysler FCEV, der nicht selber fuhr, sondern auf einem Autotransporter aufgeladen war.
    Aber nach knapp 10 Jahren Forschung an sauberem Wasserstoff staune ich, dass die Automobilentwicklung von FCEV auf der Strasse und beim Kunden, beim Autofahrer angekommen ist.
    Auf meiner Fahrt von Zürich nach Berlin, wo ich am BESSY Experimente zu solarem Wasserstoff machte, hatte ich Messinstrumente ins Auto geladen. Nur ein Tankstopp in Geiselwind bei Würzburg war dafür nötig. Ich nutzt mit meinen Kollegen und Gästen aus Korea die Gelegenheit, mit dem Hyundai bei H2-Mobility am Sachsendamm vorbeizufahren und mich über den status quo zu informieren.
    Die haben sich ein hohes Ziel gesetzt, bis 2023 insgesamt 400 H2 Tankstellen in Deutschland zu betrieben. Von anderer Seite erfuhr ich, dass ein grosser deutscher Automobilhersteller kurz davor ist, jährlich eine sehr grosse Zahl FCEV vom Band auf die Strasse zu lassen.
    Wenn ich mir meine eigenen Erfahrungen aus der Retrospektive beschaue, ist das Fahren mit Wasserstoff so etwas wie ein normaler Vorgang.
    Gerade im Moment lade ich mir die neue H2.Live Tankstellen App von Spinett New Technologies auf mein iPhone.
    Ich bin begeistert!

  2. Thomas Melczer

    Die Industrie muss hier deutliche mehr Druck auf die Verantwortlichen machen um dieses Problem schnell zu lösen.

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