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Beitrag von Sven Jösting

13. April 2016

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Tesla: Starke Gegenbewegung nach massivem Kurseinbruch

Tesla-Schnellladesaeule

Kein Display oder Kartensensor, nur ein Stecker


Das Minus des US-amerikanischen Unternehmens erhöhte sich im letzten Quartal des vergangenen Jahres auf US-$ 320 Mio. Für das Gesamtjahr steht ein Verlust von circa US-$ 980 Mio. fest. Ob nun die Rechnungslegung via GAAP (Standard) oder via optisch günstigere nonGAAP-Rechnungslegung (bei Letzterer sieht das Ergebnis pro Aktie „optisch“ wesentlich besser aus) erfolgt, ist nebensächlich, denn entscheidend ist ja, ob ein Trend hin zu einem ausgeglichenen Ergebnis oder gar einem Gewinnausweis auszumachen ist. Dies wird nun für das Jahr 2016 avisiert, wie es CEO Elon Musk verkündete. Die bisher langsam verlaufende Produktion des neuen Model X soll allmählich stärker anziehen. Von einer perspektivischen Auslieferung von 1.000 Exemplaren pro Woche ist die Rede.
Hat CEO Musk „indirekt“ schon Kasse gemacht?
Ganz nebenbei gab es eine Reuters-Meldung, wonach Firmengründer Musk von seinem etwa 25-%-Unternehmensanteil über 7 Mio. Aktien für einen „Privatkredit“ in Höhe von US-$ 1,7 Mrd. als Sicherheit hinterlegt habe (das muss bei Kursen um die US-$ 240 geschehen sein). Da wirkt es geradezu lächerlich, dass er sich medienwirksam bei der letzten Kapitalerhöhung in 2015 mit einem zweistelligen Millionenbetrag selbst beteiligt hat. Das hat meines Erachtens beides ein „Geschmäckle“, denn auch die Kreditsicherheit in Form von Aktien kann als eine „Teilliquidation auf Zeit“ angesehen werden, da die kreditgebenden Banken – so meine Vermutung (ohne Obligo) – diese unter Umständen via Hedging (Terminverkauf) abgesichert haben. Da die Aktie zwischenzeitlich um über 40 % fiel, frage ich mich natürlich, ob Musk dann auch daran partizipiert hat oder aber nur die Banken, die dann eventuell darauf drängen werden, weitere Sicherheiten zu erhalten, da der 1,7-Mrd.-Kredit jetzt nur noch zu einem wesentlich geringeren Teil abgesichert ist, oder aber schon wieder den Gewinn aufgrund fallender Kurse durch Eindeckungen absichern konnten.
Dass pro forma leer verkauft wurde, erscheint mir am wahrscheinlichsten, da der Kredit wertmäßig fast deckungsgleich mit dem Börsenwert der als Sicherheit dienenden Aktien ausfiel. Kurzum: Ein leicht durchschaubares Manöver, was aber als „psychologische Spielerei“ einzuschätzen ist. Der CEO macht – indirekt – zwischenzeitlich Kasse bzw. sichert sich ab, so meine Interpretation der Lage. Er selbst bewertet damit sein Unternehmen bei früheren Kursen von circa US-$ 250 als „ausreichend“ – der Situation angemessen. Meldungen, die den arg gedrückten Kurs dann wieder als (technische?) Reaktion kräftig nach oben brachten, beziehen sich auf die Perspektiven des neuen Model 3.
Große Fantasie bei Model 3
Die Ankündigung, dass das massenmarkttaugliche Model 3 (soll US-$ 35.000 vor Zuschüssen kosten) Ende März 2016 vorgestellt würde und man – via Anzahlung – vorausbestellen könnte, hat jüngst zu einer kräftigen Kurserhöhung auf wieder US-$ 230 (nach 140 im Tiefst) geführt. Tesla setzt da weiter auf Mund-zu-Mund-Marketing und bietet meines Erachtens (ohne Obligo) bestehenden Kunden an, bei der Neukundengewinnung US-$ 1.000 als Vermittlungsgebühr sowie US-$ 1.000 Preisnachlass für den damit vermittelten Käufer zu gewähren (Quelle: seekingAlpha). Ob dies indes ausreicht, um genügend Nachfrage zu schaffen, wage ich stark zu bezweifeln. Ich gehe sogar noch weiter, indem ich es als notwendig ansehe, dass Tesla im größeren Stil Werbung für die neuen Serien machen muss. Bislang hat man sich dies gespart, weil es ausreichend First-Mover gab. Schaut man da auf die Konkurrenz und deren riesige Werbebudgets, so müsste Tesla richtig Geld in die Hand nehmen, was aber bislang in die Analystenrechnungen hinsichtlich der Gewinnerwartungen nicht eingespeist zu sein scheint. Hier reden wir dann auch nicht über einstellige Millionenbeträge, sondern eher über zwei- bis dreistellige.
Wird die Gigafabrik kleiner?
Was die Gigafabrik für Li-Ionen-Batterien angeht, gibt es eine Reihe von Meinungsberichten, wonach es dort alles viel länger dauert, bis die Milestones erreicht werden, angefangen von der Zahl der dort Beschäftigten (eine Grundlage und Bedingung des Staates Nevada für hohe Steuervergünstigungen) bis hin zur Aufnahme der Produktion (wie bereits berichtet scheint die Zulieferung von Lithium nicht so klar abgesichert zu sein). Bezüglich der Batterien – die ja auch eine wichtige Bedingung für die Großserienproduktion sind – gibt es Vermutungen, dass Tesla hier eine Zwischenlösung anstrebt, die Zellen weiterhin in Asien zu ordern und parallel eventuell die sehr kapitalintensiven Investitionen in die Megafabrik zu reduzieren bzw. zeitlich zu strecken, um die Liquidität zu schonen.
Schützenhilfe für Tesla kam zwischenzeitlich überraschenderweise von Daimler-Chef Zetsche, der die Batterien nun doch als besser einschätzt, da Ladezeiten gesenkt und der Radius stark erhöht werden konnte (500 km gelten als erreichbar). Daimler baut nun für Euro 500 Mio. selbst eine Batteriefabrik, hat aber kürzlich die Kooperation mit Tesla eingestellt und wird somit sicherlich keine Batterien bei Tesla mehr ordern.
Überraschend argumentierte Zetsche kritisch in Richtung der Brennstoffzelle, da die Infrastruktur für Wasserstoff noch nicht ausreichend vorhanden sei. Ich sehe das anders und denke, dass die Brennstoffzelle im Einsatz mit einer Batterie immer mehr Auftrieb erhält, je stärker das H2-Tankstellennetz entwickelt wird. Beide eMobility-Lösungen bestehen klar nebeneinander. Es gibt kein Entweder-oder, denn der Einsatz der jeweiligen Elektroautos hängt an vielen Kriterien (Nutzungszweck, Reichweite, Preis usw.). Tesla kommt Ende 2017 mit einem Auto auf den Markt, das auf erheblichen Wettbewerb stößt, so dass die vollmundig erwarteten Absatzzahlen von mehreren Hunderttausend Exemplaren bis 2020 recht kritisch gesehen werden müssen – auch weil erhebliches „neues“ Kapital in die Produktion fließen müsste. Parallel stellt sich die Frage, wann die Gigafactory beginnt, Batterien auszustoßen und zu welchen Konditionen. Die Tesla-Schwester SolarCity (Musk-Cousins sind hier Top-Manager) hat einen Auftrag für die Batterien in Höhe von circa US-$ 15 Mio. für ein Projekt auf Hawaii vergeben – ein Geschmäckle?
Fazit Tesla
Der zwischenzeitlich erfolgte dramatische Kursrückgang ist meines Erachtens noch nicht das Ende der Fortsetzung einer unter Schwankungen fallenden Unternehmensbewertung in den kommenden 12 bis 18 Monaten. Meine Empfehlung, auf Verkaufsoptionen oder gar den Leerverkauf zu setzen (nur für erfahrene Anleger) bzw. Buchgewinne zu sichern, hat sich vollends ausgezahlt. Aktuell kam es zu einer starken, bislang anhaltenden kräftigen Gegenbewegung, die den Unternehmenswert wieder um über US-$ 10 Mrd. auf über US $ 30 Mrd. erhöhte. Tesla muss nun beweisen, dass es keine weiteren Kapitalerhöhungen benötigt, um sich selbst zu finanzieren. Zwischenzeitlich ist immer mit guten News zu rechnen und auch mit Phasen einer Höherbewertung (Gewinnmitnahmen von Leerverkäufen mittels Eindeckung = Rückkauf von Aktien). US-$ 12 Mrd. weniger an Börsenbewertung (im Tiefst) innerhalb von nur zwei Monaten seit Jahresbeginn rufen eine gewisse Zurückhaltung hervor, da viele Buyside-Analysten „neu“ denken müssen und ihre Analysen auf zum Teil wenig robusten Berechnungsmodellen aufgebaut sind. Zudem schläft der Wettbewerb nicht. Unternehmen wie GM sollen Batteriekonzepte besitzen, die denen von Tesla überlegen sein könnten (Gewicht, Kosten, Radius etc.). 2016 ist somit ein sehr wichtiges Jahr für das Unternehmen – im positiven wie auch erst recht im negativen Sinne.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und MidCaps, d. h. es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch deren Volatilität ist wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz von einigen der hier vorgestellten Aktien sein.
Autor: Sven Jösting
Kategorien: 2015-2017 | Allgemein

2 Kommentare

  1. Hydrogeit

    In der Tat stammt dieser Text noch vom März, weil er eigentlich für die Zeitschrift HZwei geschrieben wurde und hier nur als kleines Extra auch kostenlos online einsehbar ist. Damals war noch nicht absehbar, wie der Markteintritt des neuen Model 3 verlaufen würde.

  2. M. Tschierschke

    Im Artikel steht nichts über die (inzwischen 400.000) vorbestellten Model 3 Fahrzeuge.
    Alles ohne klassische Werbung. Da scheint der Text doch nicht vom 13.4.2016 zu sein.

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