Kunststoff als Befähiger für wirtschaftliche Skalierung

Kunststoff als Befähiger für wirtschaftliche Skalierung

Interview mit Dr. Kai Fischer, Institutsdirektor an der RWTH Aachen

Eine effiziente Skalierung bei der Erzeugung „grünen“ Wasserstoffs ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, Wasserstoff zu einem wirtschaftlich tragfähigen Teil der Energiewende zu machen. Zu einem damit verbundenen notwendigen massiven Kapazitätsausbau kann die Kunststoffindustrie Wesentliches beitragen, denn Kunststoffe sind Hochleistungswerkstoffe, deren Eigenschaftsprofil sehr genau für die jeweiligen Anwendungen ausgelegt werden kann. Dr. Kai Fischer, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk (IKV) und verantwortlich für das Themengebiet Wasserstoffwirtschaft, erklärte gegenüber HZwei, warum der Austausch zwischen der Wasserstoff- und der Kunststoffindustrie so wichtig ist, welche Bedeutung Kunststoffe für die Skalierung von H2-Technologien haben und wie die Zusammenarbeit zwischen den beiden Industrien im „Hydrogen Business and Technology Forum“ fortgesetzt wird.

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HZwei: Auf die in den vergangenen zwei Jahren erstellte Wasserstoffstudie folgt nun das „Hydrogen Business and Technology Forum“, um den Austausch zwischen Wasserstoff- und Kunststoffindustrie zu intensivieren. Warum ist das jetzt wichtig?

Fischer: Wasserstoff soll das Rückgrat der Energiewende werden. Heute werden etwa 96 Prozent des Wasserstoffs aus fossilen Ressourcen wie Erdgas und Kohle gewonnen. Nur vier Prozent werden mittels Elektrolyse hergestellt, und selbst für diese paar Prozent wird derzeit nur ein geringer Teil erneuerbarer Energien eingesetzt. In der Konsequenz heißt das, dass bis jetzt nur ein ganz, ganz kleiner der Teil der Produktionskapazität überhaupt geeignet ist, grünen Wasserstoff zu produzieren. Die Projektionen heute zielen jedoch alle darauf, grünen Wasserstoff herzustellen. Man muss also tatsächlich sehen, dass hier vieles komplett neu entwickelt werden muss. Es müssen große Stückzahlen an Elektrolyseuren und die entsprechende Infrastruktur dafür bereitgestellt werden – und große Stückzahlen sind immer prädestiniert für Kunststoffe. Deshalb glauben wir, dass Kunststoffe die Befähiger sind, um die Wasserstoffproduktion wirtschaftlich skalierbar zur machen.

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HZwei: Und deshalb müssen sich Kunststoff- und Wasserstoffindustrie jetzt austauschen?

Fischer: Genau. Denn die Wasserstoffindustrie kennt alle Anforderungen der verfahrenstechnischen Anlagen, die Medien, die Temperaturen, die Drücke usw. Aber natürlich denken die nicht in Kunststoffprodukten, sondern eher in Metall. Es ist jedoch nicht so, dass die Bauweise einfach von Metall auf Kunststoff übertragen wird. Davon hätte man keinen Vorteil. Um für die Anforderungen von Systemen neue Lösungen zu finden, muss man über die Substitution von einzelnen Bauteilen aus Metall durch einzelne Bauteile aus Kunststoff hinausgehen und Funktionsintegration betreiben. Genau dafür muss dieses Anwendungs-Know-how kommuniziert werden, damit die Kunststoffwertschöpfungskette sagen kann, wie Lösungen in Kunststoffen idealerweise aussehen würden.

HZwei: Das heißt, die Wasserstoffindustrie ist sich der Möglichkeiten der Kunststoffindustrie noch gar nicht ausreichend bewusst?

Fischer: Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Welten. Die Anlagen für die Erzeugung oder die Umwandlung von Wasserstoff sind klassische verfahrenstechnische Anlagen. Sie bestehen überwiegend aus Edelstahl mit Edelstahlverrohrung. Die Hersteller solcher Anlagen kennen die Möglichkeiten von Kunststoffen tatsächlich eher selten. Deshalb ist es so wichtig, die H2-OEM mit ihrer Kenntnis der Anforderungen und die Kunststoffindustrie mit ihrem Know-how und ihren technischen Möglichkeiten zusammenzubringen. Nur so kann man anfangen, in hochintegrierten Produkten zu denken, die in Massen in sehr, sehr hohen Stückzahlen automatisiert gefertigt werden können. Und das ist eine absolute Notwendigkeit, wenn das Scale-up grüner Wasserstofftechnologien in angemessener Zeit und zu angemessenen Kosten gelingen soll.

HZwei: Gibt es denn in der Wasserstoffindustrie schon Beispiele?

Fischer: Ja, natürlich. Nehmen wir als Beispiel die Endplatten der Brennstoffzelle. Hier müssen viele Medien geführt werden, sowohl gasförmig als auch flüssig. Und es müssen Anschlüsse integriert werden. Baut man mit Metall, sind das sehr viele Einzelteile, die montiert werden. Inzwischen gibt es erste Anwendungen, in denen das durch ein einziges großes Spritzgussteil gelöst wird, in dem sämtliche Medienleitungen, Anschlüsse, Elektronik usw. bereits integriert sind.

HZwei: Wie kam es zu der Idee eines Netzwerkforums?

Fischer: Die Idee eines Netzwerkforums kam daher, dass wir als IKV in Kooperation mit mehr als 20 Unternehmen 2021 eine Markt- und Technologiestudie gestartet haben, um uns dieses Themengebiet ganzheitlich zu erarbeiten. Die Studie ist aber eigentlich nur die Grundausstattung. Unser Ziel war ja immer, einen kontinuierlichen Austausch zu betreiben, in dem identifiziert wird, wie Kunststoffe bei der Etablierung von Wasserstoff helfen können. Dafür braucht man Kontinuität. Und die haben wir jetzt in Form dieses Forums implementiert, das sich regelmäßig zweimal pro Jahr treffen wird. Ergänzt werden diese Treffen durch ein kontinuierliches Technologiemonitoring. Beim Kick-off haben wir außerdem beschlossen, dass es zwischen den Terminen auch einzelne Workshops zu speziellen Themen geben soll.

HZwei: Was waren Ihre Eindrücke vom Kick-off und was nehmen Sie inhaltlich mit?

Fischer: Das war eine großartige Veranstaltung. Wir hatten in Summe etwa 50 Teilnehmer im Raum und vier Keynote-Präsentationen, die zu gleichen Teilen zwischen Anwendern von Wasserstoffsystemen und Lösungsanbietern aus der Wertschöpfungskette Kunststoffe aufgeteilt waren. Es waren sehr offene und transparente Diskussionen. In den Pausen sind die Visitenkarten nur so geflogen, jeder hat sich großartig vernetzt. Als Teil der Veranstaltung haben wir auch die Weichen gestellt, um bedarfsgerecht für diese beiden Zielgruppen die Elemente der weiteren Zusammenarbeit zu definieren.

Inhaltlich nehme ich mit, dass ein sehr, sehr großer Bedarf besteht, die Systeme in den unterschiedlichen Bereichen zu verstehen – gerade auf der Seite der Kunststoffindustrie. Ich nehme auch mit, dass es viele Firmen gibt, die ungeachtet des Wettbewerbs in ihren Wasserstoffsystemen bereit sind, über die Herausforderungen zu sprechen, weil sie sich den Push des Open-Innovation-Ansatzes – also den Push aus der Zulieferindustrie – erhoffen und sich darüber künftig Wettbewerbsvorteile verschaffen wollen.

Ein weiterer Aspekt, den ich mitnehme, ist, dass die teilweise im Wettbewerb stehenden Unternehmen der Kunststoffwertschöpfungskette sehr offen für die Kooperation untereinander sind. Beispielsweise haben wir besprochen, dass wir im Konsortium sondieren, welche Prüf- und Charakterisierungsverfahren in welchen Unternehmen zur Verfügung stehen, damit sich die Unternehmen untereinander ergänzen können. So können auch ergänzende Bedarfe identifiziert und Maßnahmen zur Umsetzung abgeleitet werden. Man konnte merken, dass alle darauf gepolt sind, diesen sehr wachstumsfähigen Kuchen gemeinsam größer zu backen, anstatt Wettbewerb zu schaffen und zu versuchen, vom kleinen Kuchen das größte Stück zu bekommen. „Growing the cake!“ schien mir der Spirit zu sein.

HZwei: Sie sagen, die Markt- und Technologiestudie bildet die Grundlage für dieses Netzwerk. Was daraus sind für Sie die wichtigsten Take-aways?

Fischer: Die Wasserstoffindustrie ist noch sehr stark von klassischen verfahrenstechnischen Anlagen getrieben. Eine wesentliche Erkenntnis ist aber, dass wir die Kunststoffindustrie nicht revolutionieren müssen, um der Wasserstoffwirtschaft Lösungen anzubieten. Kunststoffe können kompatibel sein, und es gibt zahlreiche Anwendungen und gute Beispiele für die Umsetzung hochintegrierter und funktionsintegrierter Bauteile. Wenn also der Scale-up erforderlich ist und die Stückzahlen wachsen müssen, kann die Kunststoffindustrie diese Lösungen bieten, ohne die Welt neu zu erfinden. Man kann vieles aus anderen Industrien transferieren, muss aber natürlich die spezifischen Anwendungen kennen, um für die Wasserstoffindustrie geeignete Lösungen vorschlagen zu können. Die gute Nachricht ist: Es liegen jetzt nicht erst zehn Jahre Entwicklung vor uns, und die Kunststoffindustrie muss sich auch nicht grundlegend wandeln oder komplett neue Produkte entwickeln. Sie kann für jede Industrie aus dem schöpfen, was bereits da ist, um es weiterzuentwickeln und zu transferieren.

HZwei: Wie geht es nun weiter?

Fischer: Bei unserem Forumsmitglied Freudenberg hat es im August zusätzlich zu den halbjährlichen Treffen einen Workshop gegeben, um die Fragen, die beim Kick-off relativ offen adressiert wurden, mit den Teilnehmern aus dem Forum zu diskutieren. Die Idee zu spezifischen Workshops wurde während des Kick-offs geboren, weil sich die Teilnehmer einen Austausch wünschten, über den Kunststoffexpertise gezielt in die Entwicklung neuer Systeme eingebracht werden kann. Weiterhin startet das Team nun mit dem Markt- und Technologiemonitor, um den Markt kontinuierlich weiter zu beobachten.

Wir haben vereinbart, dass es mehr als eine einfache Sammlung der verfügbaren Informationen sein soll. Die Informationen sollen hinterfragt, evaluiert und eingeordnet werden. Wir werden genau schauen, wie belastbar sie sind und wie realistisch die Umsetzungsszenarien sind. So erarbeiten wir eine kuratierte Liste an Informationen, die wir vierteljährlich an die Partner im Forum weitergeben.

HZwei: Besteht die Möglichkeit, noch einzusteigen?

Fischer: Ja, die Möglichkeit besteht. Wir zielen natürlich darauf, dieses Netzwerk weiter wachsen zu lassen und freuen uns sowohl auf kleine als auch auf große Firmen der Kunststoffwertschöpfungskette und natürlich auf Firmen der Wasserstoffwertschöpfungskette. Durch die Synergien beider Industrien können wir ein Scale-up für grünen Wasserstoff meistern und wirtschaftlich gestalten.

Hydrogen Business and Technology Forum

Dr. Kai Fischer leitet das „Hydrogen Business and Technology Forum“

Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen hat mit seinem „Hydrogen Business and Technology Forum“ ein enges Netzwerk zwischen der Wasserstoffwirtschaft und der Kunststoffindustrie geknüpft und bringt dort regelmäßig Anforderungs- und Anwendungs-Know-how mit Material- und Produktions-Know-how zusammen.

Hervorgegangen ist das „Hydrogen Business and Technology Forum“ aus einer vom IKV initiierten und im November 2022 abgeschlossenen Markt- und Technologiestudie zum Thema Kunststoffe in der Wasserstoffwirtschaft. An dieser Studie waren 20 Industriepartner beteiligt. Kick-off für das Forum war der 16. Mai 2023. Der erste Themen-Workshop befasste sich mit „Prüfung und Analyse von Kunststoffen in Wasserstoffanwendungen“ und fand am 9. August 2023 im Hause des Forumsmitglieds Freudenberg statt. Am 19. Oktober 2023 trafen sich die Forumsmitglieder wieder am IKV. Das Forum ist weiterhin offen für neue Mitglieder. Information unter: H2@ikv.rwth-aachen.de

Hintergründe zur Trennung des BMDV von Mister Wasserstoff

Hintergründe zur Trennung des BMDV von Mister Wasserstoff

Eigentlich hatte sich alles schon wieder beruhigt um die Causa Bonhoff, aber dann tauchten im Februar 2024 neue Informationen auf, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing zum Anlass nahm zu handeln: Am 15. Februar entband er seinen Leiter der Abteilung Grundsatzangelegenheiten, Prof. Dr. Klaus Bonhoff, mit sofortiger Wirkung von dessen Dienstpflichten und versetzte zudem einen Referatsleiter. Anlass für die Entbindung war eine Diskrepanz im Rahmen eines Prozesses der Innenrevision im Verkehrsministerium. Zusätzliche Brisanz erhielt diese Affäre, als der Spiegel meldete, Wissing habe am 20. Februar „komplett die Bewilligung von Wasserstoffförderung“ gestoppt. Tatsächlich besteht jedoch kein Förderstopp. Es werden lediglich im Ministerium nochmalige Prüfungen durchgeführt, die zu Verzögerung führen können.

Aber der Reihe nach. Wir versuchen jetzt hier zu beleuchten, wer wie mit wem verbandelt ist und was wann geschah:

Es begann im Sommer 2023 mit einer Veröffentlichung des Handelsblatts über ein fragwürdiges Freundschafts- und Lobbynetzwerk. Der Verdacht der Vetternwirtschaft, der von unterschiedlicher Seite erhoben wurde, wird damit begründet, dass ein zu enges Geflecht an Kontakten zwischen verschiedenen Akteuren aus Politik und Wirtschaft bestehe. So wird Bonhoff vorgeworfen, dass er freundschaftlich mit Werner Diwald, dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Wasserstoff-Verbandes e. V. (DWV), sowie mit Dr. Oliver Weinmann, dem DWV-Präsidenten, verbunden sei und gemeinsam mit beiden in den Skiurlaub fahre. Weiter heißt es, Bonhoff habe dem DWV 2021 zu Fördermitteln verholfen.

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Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), wurde mit der Klärung dieses Sachverhalts beauftragt und gab laut Spiegel wenige Wochen später Entwarnung: „Keine Spur von Günstlingswirtschaft.“ Parallel dazu erhielt Bonhoff, insbesondere aus der Wasserstoffbranche, breite Rückendeckung.

Anfang 2024 kam dann aber alles nochmals hoch, nachdem der Spiegel aus dem E-Mail-Verkehr zwischen Bonhoff und Diwald zitierte (s. www.fragdenstaat.de). Daraus werde ersichtlich, so die Unterstellung, dass zwischen den Akteuren eine große Nähe und Vertrautheit bestehe.

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Ungereimtheiten und Widersprüche

Tatsächlich lässt sich aus den offengelegten E-Mails ablesen, dass seitens des DWV gewisse Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich einiger Fördermaßnahmen artikuliert wurden. So schrieb Werner Diwald beispielsweise im September 2021: „In Anbetracht der anstehenden Wahlen wäre es sicherlich gut, wenn ein Zuwendungsbescheid noch in dieser Legislaturperiode erteilt wird.“ (Spiegel, 6. Februar 2024)

Bonhoff hatte daraufhin diese E-Mail an das zuständige Fachreferat im BMDV weitergeleitet, wobei er sich nach dem Sachstand erkundigt habe, wie er gegenüber HZwei erklärte. Wie Spiegel und Tagesspiegel Background einhellig darlegen, habe er zudem dieses Projekt „mündlich befürwortet“. Ebendiese Befürwortung wurde allerdings zuvor bestritten, was nun zu weitreichenderen Problemen im Bundesverkehrsministerium führen könnte.

LobbyControl sah es daraufhin als erwiesen an, dass es sehr wohl eine Günstlingswirtschaft gab. Am 16. Februar berichtet die Internetplattform dann darüber, dass tags zuvor das Verkehrsministerium eingeräumt habe, dass es „Ungereimtheiten und Widersprüche“ bei der Vergabe der Fördergelder gegeben und Verkehrsminister Wissing deswegen Abteilungsleiter Klaus Bonhoff von seinen Tätigkeiten entbunden habe.

„Das nötige Vertrauensverhältnis des Ministers zu dem Abteilungsleiter besteht nicht mehr fort.“ BMDV-Staatssekretär Stefan Schnorr in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)

Darüber hinaus bemängelt LobbyControl, dass die Compliance-Regeln im Bundesverkehrsministerium unzureichend seien und Bonhoff bei der Vergabe von Fördergeldern nicht sauber zwischen privaten und dienstlichen Kontakten getrennt habe.

Zu enges Geflecht?

Klaus Bonhoff, der aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit in Führungsfunktionen im H2– und BZ-Sektor auch als „Mister Wasserstoff“ bezeichnet wird, hatte jahrelang bei Daimler an Brennstoffzellenautos gearbeitet, bevor er 2008 Geschäftsführer der Nationalen Organisation für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie GmbH (NOW – s. HZwei-Hefte Apr. 2011 & Okt. 2019) wurde. Von dort wechselte er ins Bundesverkehrsministerium. Sein Nachfolger bei der NOW wurde im Mai 2020 Kurt-Christoph von Knobelsdorff (s. HZwei-Heft Jan. 2021).

Aufgrund seiner umfangreichen Expertise war er viele Jahre lang auf zahlreichen Branchen-Events ein gerngesehener Gast, da er auch als versierter Redner gilt, der sehr diplomatisch und präzise formuliert. Verständlich, dass insbesondere der DWV seine Nähe suchte, da in diesem Verband viele wesentliche deutsche Industrieunternehmen aus der H2-Community Mitglied sind und Bonhoff als NOW-Sprecher Hauptansprechpartner für die Beantragung von Fördermitteln im Wasserstoffsektor war. Die Bewilligung oblag hingegen damals und obliegt auch heute noch dem Projektträger Jülich (PtJ).

Die Rolle des DWV

Der DWV hat sich im Laufe der Jahre – insbesondere unter der Führung von Werner Diwald – von einem engagierten Verein motivierter Idealisten zu einem industriellen Lobby-Verband entwickelt. Einige der ursprünglichen Mitglieder, die eher die ideellen Ansätze unterstützten, kehrten deswegen dem Verband in den vergangenen Jahren den Rücken. Einige von ihnen drängten immer wieder auf weniger Industriehörigkeit und mehr Transparenz. Zuletzt legte zum Jahreswechsel Dr. Johannes Töpler, langjähriger DWV-Vorsitzender, seine Ernennung zum DWV-Bildungsbeauftragten nieder, weil er unter anderem das von ihm für elementar erachtete Thema der Aus- und Weiterbildung in der Verbandsarbeit nicht mehr angemessen berücksichtigt und gewürdigt sah.

Der DWV ist offiziell ein eingetragener Verein. Diwald setzte sich über die Jahre für die Einrichtung verschiedener Fachkommissionen ein, bei denen die mitwirkenden Firmen hohe Beiträge bezahlen, damit der DWV, unter anderem auf dem politischen Parkett in Berlin und Brüssel, deren Interessen vertreten kann. So werden regelmäßig politische Abende und Wirtschaftsgespräche organisiert, wo Repräsentanten aus Industrie und Politik zusammenkommen, so wie es heutzutage bei Verbänden üblich ist. Eine dieser Fachkommissionen, HyMobility, hat 2021 einen Millionen-Euro-Betrag an Fördergeldern über das PtJ, also aus dem Etat des Bundesverkehrsministeriums, zugesprochen bekommen, was nun Bonhoff vorgeworfen wird.

LobbyControl kritisiert in diesem Zusammenhang: „Es ist ungewöhnlich und fragwürdig, dass ein Wirtschaftslobbyverband wie der DWV einen staatlichen Zuschuss für Aufgaben bekommt, die er ohnehin tut: Netzwerke pflegen und Lobbyarbeit betreiben.“

Bonhoff entgegnete darauf gegenüber HZwei: „Die Förderung von HyMobility erfolgt analog zu dem vom BMUV geförderten Vorhaben HySteel, das zeitlich vor HyMobility bewilligt wurde.“ Genau darüber hatte am 7. Februar 2024 Tagesspiegel Background berichtet: „Das Ministerium [Bundesumweltministerium; Anm. d. Red.] ist mit dem Projekt zufrieden. ‚Solche Netzwerk-Bildungen sind effektiv und erfolgreich, dienen dem Best-Practice-Austausch und der Gründung von horizontalen und vertikalen Partnerschaften bei der Erforschung, Erprobung und Produktion.‘“

„Das Projekt HyMobility wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 1,8 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.“

https://dwv-hymobility.de/organisation/

Unter den insgesamt 22 Mitgliedern von HyMobility sind auch die NOW GmbH sowie die H2 Mobility Deutschland GmbH & Co. KG. H2 Mobility ist ein Zusammenschluss verschiedener Automobil-, Industriegas- und Mineralölunternehmen sowie einem Investmentfonds, der sich um den Aufbau von H2-Tankstellen in Deutschland kümmert. So gut wie jede Station, die von dieser Berliner Gesellschaft errichtet und betreut wird, wird mit annähernd 50 Prozent Fördermitteln aus europäischen, Bundes oder Landesmitteln bezuschusst. Einer von drei Geschäftsführern ist seit April 2023 Lorenz Jung (s. HZwei-Heft Okt. 2023), nach Angaben von LobbyControl der Schwiegersohn von Dr. Oliver Weinmann. Jung, dessen Ehefrau (Weinmanns Tochter) bei der NOW in der Kommunikationsabteilung arbeitet, war quasi seit der Gründung leitender Mitarbeiter des Unternehmens.

Die Rollen von Weinmann und Diwald

Weinmann ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des damaligen Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (s. HZwei-Heft Okt. 2010). Der gebürtige Hamburger arbeitete zunächst für die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), die 2001 mehrheitlich von dem schwedischen Großkonzern Vattenfall Europe übernommen wurden. Von 2010 bis Juli 2023 war er Geschäftsführer der Vattenfall Europe Innovation GmbH, dann war er Head of Innovation Management bei der Vattenfall Europe AG. Seit 2020 ist er zudem ehrenamtlich Präsident des DWV. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des NOW-Beirats, stellvertretender Vorsitzender der Wasserstoffgesellschaft Hamburg e.V. und hat bzw. hatte – laut seiner eigenen HyAdvice-Homepage, über die er freiberuflich Beratungsdienstleistungen, auch zu Fördermitteln, anbietet – weitere Führungspositionen inne, unter anderem bei Hydrogen Europe sowie beim Bundesverband Energiespeicher (BVES).


Dr. Oliver Weinmann bei einem parlamentarischen Abend 2022 in Berlin

Ähnlich, wie Weinmann mit HyAdvice agiert, verfährt Diwald mit der PtXSolutions GmbH, ehemals ENCON.Europe GmbH. Über diese Firma berät der DWV-Vorsitzende nebenbei Institutionen wie DWV, Encon Energy EOOD (ENCON-Tochterfirma), Enertrag (ehemaliger Arbeitgeber), NOW, Performing Energy (DWV-Think-Tank), Vattenfall Europe Innovation usw. Ursprünglich hatte ENCON.Europe einige Tätigkeiten für den DWV übernommen (s. HZwei-Heft Okt. 2020). Nach Aussage Diwalds trug die ENCON.Europe GmbH damals erheblich dazu bei, die Sichtbarkeit des DWV zu steigern, ohne selbst großartig in Erscheinung zu treten. Sie habe exklusiv den DWV und die Fachkommission Performing Energy als Markennamen im politischen Umfeld platziert und im Interesse des Verbands gehandelt. Zum Team zählte seit 2017 unter anderem Dennitsa Nozharova, die Ehefrau von Werner Diwald, die gleichzeitig auch für den DWV arbeitete und auch für Encon Energy EOOD tätig ist.


Werner Diwald ist seit 2014 DWV-Vorstandsvorsitzender

Performing Energy war die erste Fachkommission, die der DWV 2015 auf Diwald Bemühungen hin initiierte, nachdem er selbst dieses Bündnis für Windwasserstoff im Jahr 2011 gegründet und den Sprecherposten übernommen hatte (s. HZwei-Heft Jan. 2012). Neben Enertrag und Vattenfall sind dort noch weitere Mitgliedsfirmen beteiligt, die auch in anderen Gruppierungen dieses Netzwerks mitwirken.

Werner Diwald bezog zu diesem Sachverhalt gegenüber einigen Vereinsmitgliedern Stellung mit den Worten (E-Mail liegt der HZwei-Redaktion vor): „Die Verdachtsvermutungen der Medien über einen möglichen Verstoß seitens des DWV gegen Compliance-Regeln in Bezug auf die Beantragung der Förderung des Innovationsclusters HyMobility sind unbegründet. […] Eine unzulässige Einflussnahme durch den DWV hat nicht stattgefunden. Der DWV lässt sich seine satzungsgemäße Arbeit nicht fördern. […] Aufgrund der Förderung des Innovationsclusters HyMobility durch das BMDV hat sich der DWV somit eindeutig nicht in eine Abhängigkeit der Regierung begeben.“

Darüber hinaus gab es bislang von Seiten des DWV keine offizielle Stellungnahme – außer der Verweigerung der „Freigabe“ mehrere Passagen dieses Textes, weil sie „nichts mit dem gesamten Vorgang zu tun“ hätten und „nur zur Erzeugung einer unberechtigten Verdachtsvermutung“ dienten, nachdem die HZwei-Redaktion bei Diwald und Weinmann vor der Online-Veröffentlichung um eine Rückmeldung gebeten hatte.

H2-Fördergelder eingefroren

Den zwischenzeitlichen Höhepunkt erfuhr diese Affäre am Dienstag, nachdem der Spiegel berichtete, dass der Bundesverkehrsminister alle Fördergelder für H2-Projekte eingefroren habe. Demnach sollten vorerst keine Gelder für diesen Sektor mehr bewilligt und auch keine Verträge mehr abgeschlossen werden. Selbst Änderungsbescheide bedürften einer Freigabe von Staatssekretärsebene, hieß es.

Eine BMDV-Pressesprecherin stellte diesbezüglich allerdings am 21. Februar in einer Pressekonferenz klar, dass das Ministerium „nicht die Wasserstoffförderung als solche gestoppt“ habe, sondern sorgfältigere Prüfungen von Förderanträgen vorgenommen werden. Diese „fokussieren sich derzeit auf das Bewilligungsverfahren für die Fördervorhaben HyMobility des DWV“. Sollten sich im Rahmen der Untersuchung entsprechende Anhaltspunkte ergeben, werden gegebenenfalls auch weitere Fördervorhaben näher beleuchtet.

Anlass für dieses verschärfte Vorgehen scheint die Causa Brunner zu sein. Hierbei geht es unter anderem um den E-Mail-Verkehr über einen privaten GMX-Account, über den Klaus Bonhoff unter anderem mit dem bayerischen Unternehmer Tobias Brunner, Geschäftsführer der Cryomotive GmbH sowie der Hynergy GmbH und zentrale Figur beim Aufbau des Wasserstoff Technologie- und Anwenderzentrums (WTAZ) in Pfeffenhausen, kommuniziert hat. LobbyControl moniert diese „Nutzung eines privaten Mailaccount für dienstliche Kommunikation“, weil dieser Mailverkehr der ministeriumsinternen Innenrevision nicht bekannt war und somit auch nicht in deren Abschlussbericht entsprechend Berücksichtigung hatte finden können. Hierbei geht es um 14 GB an Daten, die jetzt gesichtet werden müssen.

Autor: Sven Geitmann

„Wenn es jemals ein Momentum für Wasserstoff gab, dann jetzt“

„Wenn es jemals ein Momentum für Wasserstoff gab, dann jetzt“

Interview mit Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender Deutsche Messe

„Wir bringen Leute zusammen.“ Mit diesen Worten beschrieb Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe, den Anspruch der Hannover Messe, auch 2024 wieder die Anlaufstelle im Real Life für AusstellerInnen und BesucherInnen im Industriesektor zu sein. Noch stärker als schon 2023 soll dabei in diesem Jahr Wasserstoff in den Fokus rücken. Köckler betonte die Notwendigkeit von mehr Gemeinsamkeit, indem er sagte, der Aufbau einer H2-Wirtschaft werde „nur gelingen, wenn Politik und Wirtschaft zusammen funktionieren“.

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HZwei: Herr Dr. Köckler, 2023 zählte Wasserstoff bereits zu den fünf Kernthemen, die Sie während der Hannover Messe bespielt haben. Wird 2024 die Präsenz der H2-Technologie nochmals zunehmen?

Köckler: Wir gehen davon aus, dass wir im Bereich Wasserstoff einen deutlichen Anstieg erleben werden. Sowohl auf der Hydrogen + Fuel Cells Europe als auch in den anderen Ausstellungsbereichen der Hannover Messe stehen die Zeichen auf Wachstum.

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HZwei: Was werden Sie vonseiten der Deutsche Messe unternehmen, um die große Bedeutung des Themas Wasserstoff herauszustellen?

Köckler: Mit dem diesjährigen Partnerland Norwegen rücken wir das Thema Energie in den Fokus, und damit insbesondere das Thema Wasserstoff. Deutschland und Norwegen haben bereits im Januar 2023 eine Energiekooperation vereinbart. In der gemeinsamen Erklärung zum Thema Wasserstoff bekräftigten die beiden Länder ihre Absicht, bis 2030 eine großflächige Versorgung mit Wasserstoff inklusive der dafür notwendigen Infrastruktur aufzubauen. Norwegen wird sich daher mit seinem Gemeinschaftsstand im Energiebereich der Hannover Messe positionieren.

HZwei: Mit der Hydrogen + Fuel Cells Europe ist eine der wichtigsten H2-Messen Europas Teil Ihrer Industrieschau. Was können die BesucherInnen dort erwarten?

Köckler: Die Hydrogen + Fuel Cells Europe ist seit rund 30 Jahren der Treffpunkt der internationalen Community. Dort trifft sie sich, dort diskutiert sie in zwei Foren alle relevanten Themen. Im Public Forum geht es um aktuelle Themen, wie zum Beispiel die Frage, welchen Beitrag Wasserstoff zur CO2-Reduktion leisten kann. Im Technical Forum werden neue Produkte und Lösungen präsentiert. BesucherInnen, die sich mit dem Thema Wasserstoff beschäftigen, erhalten dort einen umfassenden Überblick über technische Neuerungen, aber auch über unterschiedliche Anwendungsfelder.

Aber H2-Lösungen werden nicht nur auf der Hydrogen + Fuel Cells Europe in Halle 13 gezeigt, sondern auch in anderen Bereichen der Hannover Messe. Wir freuen uns, dass immer mehr Aussteller mit wasserstoff- und brennstoffzellenrelevanten Produkten vertreten sind. Insgesamt erwarten wir mehr als 500 Unternehmen in Hannover. Damit geben wir der Wasserstoffwirtschaft einen ordentlichen Schub. Die Salzgitter AG informiert zum Beispiel in Halle 13 über klimaneutrale Herstellung von grünem Stahl aus grünem Wasserstoff.

HZwei: Waren Sie auf der Hydrogen Technology Expo in Bremen? Beeindruckt es Sie, wie schnell diese Messe gewachsen ist und wie professionell sie aufgezogen wurde?

Köckler: Wenn ein Thema an Bedeutung gewinnt, dann entstehen natürlich auch neue Möglichkeiten für Messen, das ist normal. Unser Vorteil ist, dass wir das Thema Wasserstoff und Brennstoffzellen bereits seit Jahrzehnten besetzen und in all dieser Zeit eine einzigartige Community etabliert haben. Diese weiß die Einbindung der Hydrogen + Fuel Cells Europe in die Hannover Messe zu schätzen, da sie hier direkten Zugang zur Industrie, zur Energiewirtschaft und zur Politik hat. Das gibt es weltweit auf keiner anderen Messe.

HZwei: Wie ist Ihre Sicht auf den deutschen Veranstaltungssektor? Welches sind die Vorteile der Hannover Messe gegenüber mittlerweile großen europäischen H2-Fachmessen wie beispielsweise in Rotterdam oder Paris?

Köckler: Die Hannover Messe ist eine horizontale Messe, auf der sich alljährlich VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft austauschen. Sie befruchten sich gegenseitig und treiben im Schulterschluss Entwicklungen voran. In der Halle 2 zeigen zum Beispiel WissenschaftlerInnen von führenden Forschungsinstituten, an welchen Produkten und Lösungen geforscht wird. In den anderen Hallen der Hannover Messe geht es um konkrete Anwendungen. Die Politik wird in diesem Jahr noch stärker vertreten sein als in den Vorjahren, da neben dem Bundeskanzler Olaf Scholz sowie dem Wirtschaftsminister Robert Habeck auch Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, erwartet wird.

Die EU wird insgesamt stark vertreten sein. Am ersten Messetag findet die EU-Konferenz „EU as Home of the Decarbonised Industry” im Convention Center auf dem Messegelände in Hannover statt. Auf der Veranstaltung können sich Industrievertreter mit hochrangigen EU-Politikern austauschen, um über relevante Themen wie den Green Deal zu diskutieren. Diese Möglichkeiten bietet nur die Hannover Messe. Insbesondere im Energiebereich ist der Kontakt zur Politik wichtig, da alle politischen Entscheidungen in dem Bereich Auswirkungen auf die Unternehmen haben.

Interviewer: Sven Geitmann

Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien

Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien

RED III ist da – anderswo dauert die Warterei noch an

Auf europäischer Ebene geht es voran – wenn auch äußerst langsam. So war es bei der RED II (Renewable Energy Directive), so ist es bei den IPCEI-Vorhaben und erst recht bei der 37. BImSchV. Auch die RED III hat lange gedauert, aber jetzt ist sie da. Am 12. September 2023 hat das Europäische Parlament der novellierten Erneuerbaren-Richtlinie zugestimmt, und am 31. Oktober wurde sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

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Was jetzt folgen muss, ist die Umsetzung in nationales Recht. Die Hoffnung ist, dass es damit dann zu einer deutlichen Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien (verpflichtend 42,5 Prozent bis 2030) sowie einer rascheren Reduzierung der Treibhausgasemissionen kommt.

„[…] Verringerung der Nettotreibhausgasemissionen (THG-Emissionen) um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 bis 2030 festgelegt. […] Energie aus erneuerbaren Quellen spielt bei der Verwirklichung dieser Ziele eine wesentliche Rolle, da derzeit über 75 % der gesamten THG-Emissionen in der Union auf den Wirtschaftszweig Energie entfallen.“

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Die Bundesregierung zeigt sich gewillt, Tempo zu machen. So hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck während des Arbeitgebertags für die Beschleunigung des Ausbaus der Wasserstoffwirtschaft ausgesprochen. Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (s. Foto), erklärte in Berlin, die Devise des BMWK sei „schneller, digitaler, einfacher“.

Auch Dr. Christine Falken-Großer, Referatsleiterin im Bundeswirtschaftsministerium, erklärte im Rahmen eines EEX-Workshops in Berlin: „Wir haben unfassbar viel geschaffen in den letzten Jahren. Es ist zwar wenig in der Erde, aber wir haben Förderinstrumente, Strategien usw.“ Darüber hinaus sei das H2-Beschleunigungsgesetz auf dem Weg. Dieses Gesetzespaket werde „Sachen enthalten, die substantielle Beschleunigung hervorbringen werden“.

In vielen Bereichen gibt es seit Jahren einen Reformstau, so wie beispielsweise bei der Überarbeitung der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (DWV), weist schon lange auf die enorme Bedeutung dieser Vorordnung hin: „Wir warten seit zwölf Jahren auf die 37. BImSchV“, so Diwald.

Kommission nimmt 6. PCI-Liste an

Noch nicht ganz so lange, aber ebenfalls zu lange, warten viele Unternehmen auf die Notifizierung ihrer Förderanträge für Important Projects of Common European Interest (IPCEI – Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse). Nur mit diesem expliziten „Go“ dürfen die Mitgliedsstaaten Fördermittel bewilligen, die über das normalerweise wettbewerbsrechtlich erlaubte Maß hinausgehen. Zwar gibt es inzwischen in Einzelfällen Vorabgenehmigungen für einen vorzeitigen Projektbeginn, doch das Risiko liegt dann bei den Unternehmen. Nur eine Handvoll Firmen hat bereits einen Förderbescheid bekommen, der Großteil der Akteure wartet nach wie vor auf positive Rückmeldung seitens der EU.

Alexander Peters, Geschäftsführer der Neuman & Esser Group, sagte dazu kürzlich in Berlin: „Ich kenne viele Unternehmen, die mittlerweile aus IPCEI ausgestiegen sind.“ Von anderer Seite ist in ähnlicher Form zu hören, etliche Akteure würden ihren damaligen Förderantrag heute angesichts gestiegener Preise so nicht mehr stellen. Stefan Wenzel stellte jedoch in Aussicht, dass zumindest für die Infrastrukturvorhaben die Zusagen zur Jahreswende eintreffen sollten.

Immerhin kam Ende November 2023 die Meldung aus Brüssel, dass die Europäische Kommission die sechste PCI-Liste (Projects of Common Interest) angenommen habe. Unter den darin enthaltenen insgesamt 166 Infrastrukturprojekten sind 85 Vorhaben zu Offshore und intelligentem Stromnetz sowie 14 zum CO2-Netz – und 65 zu wasserstoffbezogenen Projekten, die meisten davon in Westeuropa.

Insgesamt waren 179 Anträge zu Wasserstoff eingereicht worden. Da aber beispielsweise Aktivitäten zum Weiterbetrieb von Erdgasvorhaben nicht mehr unterstützt werden, lag die Erfolgsquote insgesamt „nur“ bei 37 Prozent.

Daniel Fraile, Leiter Politik bei Hydrogen Europe, sagte: „Die erstmalige Aufnahme von Wasserstoffprojekten in eine PCI-Liste ist ein großer Schritt nach vorn und zeigt das Engagement Europas, den Grundstein für ein europäisches Wasserstoff-Backbone zu legen. Dieses erste Auswahlverfahren ist auch eine wertvolle Lektion, die wir gelernt haben. Wir werden mit unseren Mitgliedern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die nächste Liste diversifiziertere Projekte enthält (sowohl in Bezug auf die Art als auch auf die geografische Verteilung).“

Nun wird ein entsprechender delegierter Rechtsakt mit der 6. PCI-Liste dem Europäischen Parlament sowie dem Europäischen Rat vorgelegt. Deren Votum sollte dann zwei, maximal vier Monate später erfolgen.

H2-Herstellung per Photokatalyse

H2-Herstellung per Photokatalyse

Die direkte Erzeugung von Wasserstoff aus Sonnenlicht gilt schon lange als die eleganteste Lösung für die H2-Produktion, wenn sie denn skalierbar wäre. Bislang hapert es noch an geeigneten Materialien beziehungsweise großskaligen Systemlösungen. Forscher der britischen University of Cambridge haben jetzt einen Ansatz gefunden, wie aus Salz- oder Abwasser direkt mit Hilfe von Solarenergie Trinkwasser und Wasserstoff erzeugt werden kann.

Der Chemiker Chanon Pornrungroj hat dafür einen Solar-Dampf-Generator (solar vapour generator – SVG) mit einem Photokatalysator (PC) kombiniert. Normalerweise wird für die Photokatalyse reines Wasser benötigt. Um auch Schmutzwasser verwenden zu können, konstruierte er einen mit solarer Wärme betriebenen Wasserverdampfer, wodurch Verunreinigungen entfernt werden. Dieses kondensierte Wasser kann anschließend (nach Mineralienzugabe) zum Trinken und Kochen verwendet werden und auch für die nachfolgende H2-Produktion.

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Dafür legte die Forschungsgruppe von Erwin Reisner einen Photokatalysator auf einem nanostrukturierten Kohlenstoffnetz, das sowohl Licht als auch Wärme absorbiert und Wasserdampf erzeugt, ab. Der Photokatalysator nutzt dann diesen Wasserdampf zur H2-Erzeugung. Insbesondere in Regionen ohne Zugang zu sauberem Wasser könnte dies ein wichtiger Schritt sein.

 

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