Interview mit dem Wasserstoff-Experten Dr. Johannes Töpler

Interview mit dem Wasserstoff-Experten Dr. Johannes Töpler

HZwei: Dr. Töpler, wie würden Sie sich und Ihr Tätigkeitsfeld in Bezug auf den Themenkomplex Wasserstoff und Ihre Fachkompetenz beschreiben?
Meine berufliche Beschäftigung mit dem Wasserstoff begann 1977 bei DaimlerBenz mit der Aufgabe, für eine geplante Wasserstoffflotte in Kundenhand die Metall-Hydrid-Speicher zu bauen. Die Flotte war von 1984 bis 1988 in Berlin im Einsatz. 1989 habe ich mit Vorlesungen über „Erneuerbare Energien und Wasserstoff“ an der Hochschule Esslingen meine akademische Lehrtätigkeit begonnen, die bis heute andauert.
Von 2002 bis 2023 war ich im Vorstand/Präsidium des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes (2003-2014 Vorstandsvorsitzender) mit der Aufgabe, den Wassersstoff in Wirtschaft und Politik voranzutreiben.
Zurzeit fokussiere ich mich auf die Bildungsarbeit für den Wasserstoff, zum Beispiel mit dem Aufbau eines berufsbegleitenden Master-Studienganges an der Dresden International University (DIU) und der Technischen Akademie Esslingen.

Wasserstoff wird sehr emotional diskutiert. Auf Erdgas basierend ist dieser schon immer in großen Mengen im täglichen Einsatz. Ich denke da beispielsweise an die Chemieindustrie – aber eben mit CO2-Abdruck. Nun geht es um den regenerativ erzeugten, den grünen, aber auch den gelben (mit Biogas) und die Nutzung von Überschussstrom aus Kohle- und Kernkraftwerken für schwarzen bzw. roten/türkisen Wasserstoff sowie die Vermeidung von CO2-Emissionen (Dekarbonisierung). Wie sieht Ihr Zukunftsszenario aus? Von wo wird der Wasserstoff zu uns kommen? Können wir diesen selbst in ausreichender Menge produzieren, wie mancher Politiker dies so sieht?
Die emotionale Diskussion kommt häufig daher, dass von einem singulären Standpunkt aus argumentiert wird – sei es zum Beispiel von einem Vorurteil bezüglich der Wasserstoff-Sicherheit, dem Energiebedarf bei der Wasserstoff-Produktion oder einem kurzfristigen Profitstreben. Im Sinne der Bedeutung des Wasserstoffs für eine nachhaltige Energieversorgung ist es zielführender, den Wasserstoff in seiner ganzheitlichen Bedeutung zu betrachten. Diese liegt wesentlich in seiner Fähigkeit, sehr große Energiemengen im Bereich von mehreren Terrawattstunden zu speichern und damit die Fluktuationen des Angebotes der erneuerbaren Primärenergien auszugleichen. Das ist das Fundament der Versorgungssicherheit und damit von zentraler volkswirtschaftlicher Bedeutung. Dazu kommt langfristig nur CO2-freier Wasserstoff oder CO2-neutraler Wasserstoff aus Biomasse in Frage. Eventuell ist auch Wasserstoff aus Pyrolyse von organischen Abfällen und Kunststoffen denkbar, wenn das Recycling des Kohlenstoffs und anderer Reststoffe gelingt.
In der Übergangsphase, wenn eventuell noch nicht genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, um die Marktpotenziale der Wasserstoff-Technologien schnellstmöglich hochzufahren, wird auch Wasserstoff aus anderen Quellen erforderlich sein; aber bitte nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich.

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Die Infrastruktur für den Transport steht auf der einen Seite – Beimischung (Blending) in Gasnetzen. Parallel soll es ausschließlich Wasserstoff transportierende Pipelines geben. Wie sehen Sie da die zukünftige Entwicklung? Auch bezogen auf andere Netze wie die Stromnetze.
Die Zumischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz ist eine erste Möglichkeit, ihn in Netzen zu verteilen. Allerdings ist dieses Verfahren nicht neu. Bereits in früheren Stadtgasnetzen mit Synthesegas war ein H2-Gehalt von circa 50 % üblich. Beispielseise wurde die erste Flotte von Wasserstoff-Fahrzeugen in Kundenhand 1984 bis 1988 in West-Berlin mit Wasserstoff betrieben, der mit einer Reinheit von 5.0 mittels eines dreistufigen PSA-Verfahren (Pressure-Swing-Adsorption) aus dem Berliner Stadtgas gewonnen wurde.
Heute laufen die ersten Versuche der H2-Zumischung im Erdgasnetz mit einem Anteil von bis zu 30 % mit gutem Erfolg inclusive der begleitenden Sicherheitsuntersuchungen zum Beispiel der Zündgrenzen des Gemisches. Eine direkte Nutzung des Gasgemisches ist allerdings nur thermisch möglich. Für eine bessere exergetische Nutzung des Wasserstoffs – zum Beispiel über die Brennstoffzelle – ist eine Abtrennung erforderlich. Daher wird die Zumischung wahrscheinlich nur in einer Übergangsphase stattfinden mit dem Ziel, am Ende ein vollständiges Wasserstoffnetz zu haben.
Zusätzlich zum Bedarf der H2-Speicherung innerhalb Deutschlands ist auch zu berücksichtigen, dass der erforderliche Import erneuerbarer Energien insbesondere bei interkontinentalem Transport nur über den Wasserstoff geht, so dass auch für dessen Verteilung ein H2-Netz erforderlich sein wird.

Wie sehen Sie die Entwicklung in der Elektromobilität bezogen auf den Einsatz der Batterie und der Brennstoffzelle in der Welt und in den verschiedenen Einsatzfeldern? Ergänzen sich beide Varianten oder stehen diese im Wettbewerb? Welche Variante hat für Sie das größte Potential? Worin könnten Hürden liegen, die mancher Entwicklung im Weg steht?
Ich bin überzeugt, dass der Brennstoffzellen-Pkw weltweit kommen wird. Er steht meines Erachtens auch nicht in Konkurrenz zum Batterie-Pkw, sondern beide ergänzen sich. Batterie-Fahrzeuge werden direkt über das elektrische Netz beladen, was bezüglich des Wirkungsgrades der Energiekette optimal ist. Das gilt aber nur, wenn das elektrische Netz ausreichend stabil ist und die Energie nicht mit Wasserstoff zwischenzeitlich gespeichert werden musste (z. B. bei Dunkelflaute). Dann wäre die direkte Nutzung des Wasserstoffs in einem H2/BZ-Fahrzeug sinnvoller. Ein H2/BZ-Fahrzeug bezieht seine Energie immer aus den Speichern und nie direkt aus dem Stromnetz und trägt damit zur Stabilisierung des elektrischen Netzes in Zeiten eines schwachen Primärenergie-Angebotes bei.
Je nach dem Fahrprofil eines Autos und der vorrangig zur Verfügung stehenden Energiequelle (z. Z. PV-Anlage mit Batteriespeicher im eigenen Haus) kann ein Batterie- oder BZ-Fahrzeug Vorteile haben. Auch die Kombination beider Technologien in einem Fahrzeug (Batterie für die täglichen kurzen Strecken – die Brennstoffzelle für die längeren Fahrten) wie beim Daimler GLC kann sinnvoll sein, weil dann Wirkungsgrad und Versorgungssicherheit gut kombinierbar sind.
Die Hürden sind aus meiner Sicht beim Batterie-Fahrzeug die CO2-Emissionen bei der Batterie-Produktion und die noch nicht gelösten Probleme des Recycling und beim H2/BZ-Fahrzeug die noch unzureichende Infrastruktur und Verfügbarkeit des grünen Wasserstoffs.

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Aus China ist zu hören, dass da führende Kfz-Hersteller Prototypen für BZ-Fahrzeuge entwickelt haben. Toyota und Hyundai geben sich technologieoffen und setzen neben der Batterie auf wasserstoffbetriebene Kfz aller Art, vom Pkw (Mirai, Nexo) bis hin zu Bussen und Nfz. Was beziehungsweise welchen Weg würden Sie der deutschen Autoindustrie empfehlen? VW und andere – außer BMW – sehen die Elektromobilität ausschließlich auf die batterieelektrische bezogen. Die Brennstoffzelle und Wasserstoff finden da nicht statt. Wo stehen wir da in 10 bis 20 Jahren – in Deutschland, der EU und in der Welt?
Die Japaner (Toyota, Honda), Koreaner (Hyundai) und auch chinesische Hersteller haben angekündigt, Weltmarktführer in dieser Branche werden zu wollen. Sie fahren ihre Produktionsmöglichkeiten entsprechend hoch. Toyota und Hyundai haben die ersten Fahrzeuge auch auf dem europäischen Markt, Hyundai auch mit einer großen Lkw-Flotte in der Schweiz. Auch Daimler und VW hatten marktreife BZ-Pkw in Kalifornien im Einsatz und Daimler hat 2011 mit der Weltumrundung von drei H2/BZ-Fahrzeugen der B-Klasse die Marktreife demonstriert.
Zurzeit sind die Batterie-Fahrzeuge natürlich weit voraus. Das liegt nach Aussage der Herstellerfirmen daran, dass die strengen Klimaziele wesentlich schneller mit Batterie-Fahrzeugen zu erreichen sind, weil die Fertigungstiefen und damit auch der Personalaufwand deutlich niedriger ist. Hinzu kommt, dass die Batterieentwicklung bezüglich. Betankungsdauer, Zyklisierungsstabilität und Reichweite deutliche Fortschritte gemacht hat.
Bei Lkw, großen Arbeitsfahrzeugen (z. B. Müllsammler) und Bussen werden allerdings die Batterien so schwer oder die Ladezeiten so lang, dass H2/BZ-Antriebe deutliche Vorteile haben. Daher fokussieren die meisten deutschen Hersteller ihre Entwicklungen darauf. Es ist zu hoffen, dass diese Entwicklungen so schnell in den Markt kommen, dass wir unsere Klimaziele noch erreichen.

Wasserstoff in den Wärmemärkten (Gasheizung) wird sehr zurückhaltend betrachtet oder sogar gar von mancher politischer Seite als nicht zielführend beschrieben. Wo sehen Sie da das Potential? Firmen wie Viessmann hatten hierbei große Pläne, Gasheizungen H2-ready zu machen. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein – auch in Konkurrenz zur strombasierten Wärmepumpe?
Zunächst einmal müssen wir beim „Wärmemarkt“ unterscheiden zwischen der Hochtemperatur-Wärme für industrielle Prozesse (z. B. für die Glasindustrie) und der Gebäudeheizung. Bei der Hochtemperatur-Wärme sehe ich nur den grünen Wasserstoff als CO2-freie Wärmequelle.
Zur Gebäudeheizung sind in Japan schon einige zig-tausend Brennstoffzellen-Heizgeräte im Markt, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren. Dabei entspricht das Verhältnis der Strom- und Wärmemenge etwa dem Bedarf eines typischen japanischen Haushalts. In Deutschland sind die Wohnungen deutlich größer und damit auch der Wärmebedarf. Folglich müsste bei einem BZ-Heizgerät noch ein zusätzlicher Brenner für den Spitzen-Wärmebedarf eingebaut werden. Das ist sicherlich sub-optimal, da der Exergieinhalt des Wasserstoffs zu schade ist, um diesen nur thermisch zu nutzen. Darüber hinaus sind kleine Anlagen (z. B. für Einfamilienhäuser) relativ teuer. Große Anlagen (Quartierlösungen) sind deutlich rentabler – im Wesentlichen aufgrund von Skalierungs-effekten.
Ob eine Wärmepumpe oder ein BZ-Heizgerät vorzuziehen ist, hängt vom Einzelfall ab und sollte genau geprüft werden, auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit bei der Stromversorgung und die Bedeutung des Wasserstoffs als Energiespeicher.

Wenn Sie der Politik in Deutschland – der Ampel-Regierung, aber auch der nächsten Regierung – Empfehlungen geben würden, was die Energiewende, die Elektromobilität und auch die Wärmemärkte bezogen auf Wasserstoff angeht: Wie würden diese aussehen? Welche Maßnahmen müssten Ihrer Meinung nach getroffen werden? Wie ließe sich der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen? Ist der amerikanische IRA da Vorbild?
Das sind sehr viele Fragen auf einmal. Zur Strukturierung der Antworten möchte ich von der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Versorgungssicherheit ausgehen. Diese wird durch den Wasserstoff und seine Speicherfähigkeit großer Energiemengen (durch Moleküle) gewährleistet. Die erneuerbaren Primärenergien kommen vorrangig durch Elektronen in die Anwendung, und deren direkte Nutzung ermöglicht die besten Wirkungsgrade. Beides wird für eine nationale Energiestrategie gebraucht.
Hinzu kommt, dass für den notwendigen Import erneuerbarer Primärenergie Wasserstoff als Energieträger benötigt wird, insbesondere bei Importen aus Übersee. Wir sind in Deutschland in der glücklichen Situation, dass wir für die „Träger“ der Effizienz (Elektronen) und der Speicherfähigkeit (Moleküle) verfügbare Netze haben. Dabei sind elektrischen Netze noch auszubauen, die Erdgasnetze und Erdgasspeicher – soweit wie möglich auf Wasserstoff umzurüsten und gegebenenfalls neue H2-Speicher noch auszusolen.
Auf dieser Basis sollte eine nationale Energiestrategie der Regierung aufbauen, die die gesamte Wertschöpfungskette umfasst – von der Versorgungssicherheit der Rohstoffe bis hin zum Recycling aller eingesetzten Materialien. Bei der Mehrheit der Politiker, mit denen ich Kontakt hatte, war ich erfreut über den Sachverstand. Nur manchmal haben partei-ideologische Vorbehalte gegenüber dem Wasserstoff die Kommunikation erschwert. Insgesamt ist Deutschland und auch große Teile Europas auf einem guten Weg – nicht zuletzt auch durch die engagierte Arbeit des Nationalen Wasserstoff-Rates (NWR).
Es fehlen zurzeit noch Regelwerke für die Umsetzung der nationalen Wasserstoff-Strategien, so dass die Firmen noch keine ausreichende Planungssicherheit haben oder an kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Gewinn festhalten. Es ist zu hoffen, dass mit der Erstellung eines Rechtsrahmens für die Einführung des Wasserstoffs auch die Geschwindigkeit der Umsetzung zunimmt.
Aber: Die ersten Abschnitte des „European Hydrogen Backbone“ werden gebaut, und die Phantasien der all-elektrischen Welt mit der Forderung des Rückbaus der Gasnetze sind Geschichte.
Eine Förderung nach dem amerikanischen IRA-Vorbild halte ich bezüglich der Geldmenge in Deutschland für nicht realisierbar. Aber um zu verhindern, dass erfolgversprechende deutsche Entwicklungen wegen der IRA-Förderungen in die USA verlagert werden, wäre in Deutschland eine Fokussierung auf wirklich wichtige Projekte empfehlenswert. Die „ergebnisoffene“ Förderung war nicht immer zielführend.
Wenn nach einem ausländischen Vorbild für unsere Aktivitäten gesucht wird, fällt mir zuerst Japan ein, wo ein Ministerium für Internationalen Handel und Industrie (MITI) nach anfänglichen umfassenden Voruntersuchungen eine Vorauswahl der zielführenden Optionen erstellt und darauf die weiteren Arbeiten konzentriert und massiv fördert.

Haben Sie Anmerkungen zum Themenkomplex, die unsere Leser interessieren sollten/dürften? Eine Vision? Ein Zukunftsszenario?
Ich habe als Vision oder Zukunftsszenario eigentlich nur das, was vermutlich jede(r) von uns hat: Dass wir es wirklich schaffen, den Klimawandel zu stoppen, damit unsere Erde auch für die kommenden Generationen bewohnbar bleibt.
Vielen Dank!

Interviewer: Sven Jösting

Picea 2 setzt auf Lithium statt Blei

Picea 2 setzt auf Lithium statt Blei

HPS stellt neue Produktgeneration vor

Energiespeicherung

Die Firma HPS Home Power Solutions hat eine neue Generation ihres saisonalen Energiespeichersystems vorgestellt. Die Picea 2 nutzt nun Lithiumbatterien, was die Installation im Haus aufgrund des geringeren Gewichts erleichtert. Mit doppelter Leistung ist das Gerät zudem für die Elektromobilität und Wärmepumpen gerüstet.

Der neue Forschungs- und Entwicklungsstandort befindet sich fast direkt neben dem Nachwuchszentrum des Bundesliga-Fußballvereins Union Berlin in einem Industriegebiet in Berlin-Niederschöneweide. Hier sollen künftig nicht nur Kicker, sondern auch Installateure und Partner geschult werden. Aber nicht nur das, auch die neue Version des Saisonspeichers soll hier gefertigt werden. „Die Montage vor Ort ist für uns sogar kostengünstiger, da die Transportkosten geringer ausfallen“, erläutert Firmengründer und CEO Zeyad Abul-Ella (im Dezember 2023 ausgeschieden und seitdem nur noch Aktionär) bei der ersten Präsentation des neuen Geräts einem exklusiven Kreis von Besuchern.

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Neun Jahre nach der Gründung und gut fünf Jahre nach der ersten Präsentation eines Picea-Modells auf der Messe Energy Storage in Düsseldorf 2018 gibt es eine ganze Reihe von Weiterentwicklungen. Das Gerät muss mit der Zeit gehen. Mit Picea 2 hat sich deshalb die Ausgangsleistung auf nun 15 Kilowatt verdoppelt, was es ermöglicht, einen höheren Energiebedarf, beispielsweise für ein E-Auto oder eine Wärmepumpe, abzudecken. Bei einem Stromausfall gewährleistet die Ersatzstromversorgung, dass wichtige Verbraucher im Haushalt stabil mit Strom versorgt werden. „Für jede der drei Phasen des Drehstroms liefert das Gerät nun fünf Kilowatt Leistung“, erklärt Abul-Ella.

Die neue Generation des Speichers bietet auch eine erhöhte Anschlussleistung für Photovoltaikanlagen – und nimmt damit den Trend aus dem Markt auf. Durch neue Leistungselektronik konnte laut HPS die Effizienz gesteigert werden, womit nun höhere Selbstversorgungsgrade möglich sind. Der Nutzungsgrad inklusive Wärmenutzung beträgt 90 Prozent. Der elektrische Wirkungsgrad liegt zwischen 35 und 40 Prozent.

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Kooperation mit kompetenten Partnern

Das Gerät nutzt nun einen externen Wechselrichter von SofarSolar, bei dem die Software für den Speicher entsprechend angepasst wurde. „Wir machen das, was wir richtig gut können. Bei allen anderen Komponenten setzen wir auf Kooperation mit Partnern“, sagt der gelernte Bauingenieur Abul-Ella. Das gilt für den Umrichter wie auch für die Lithium-Akkus.

Der AEM-Elektrolyseur kommt von der deutsch-italienischen Firma Enapter. Das Kürzel AEM steht für Anionen-Austausch-Membran. Die Technologie nutzt kostengünstigere Materialien wie Stahl statt Titan und kombiniert die Vorteile der Alkali-Elektrolyse mit der Flexibilität und der Kompaktheit der PEM-Elektrolyse. Enapter-Mitgründerin Vaitea Cowan ist ebenfalls bei der Produktvorstellung dabei, wie auch Hans-Peter Villis, ehemaliger EnBW-Chef sowie Teilhaber der ersten Stunde und heute Aufsichtsratsvorsitzender bei HPS.

Vorgaben an die Entwickler

„Eine harte Vorgabe an die technischen Entwickler war es, die Maße für die Einschubboxen für den Elektrolyseur und die Brennstoffzelle in der Energiezentrale der ursprünglichen Picea beizubehalten“, betont Abul-Ella. Die ersten Picea-Kunden seien Pioniere, sie sollten deshalb auch von den Innovationen profitieren und später einfach umrüsten können. Eine Weiterentwicklung im Elektrolysemodul kühlt den Wasserstoff auf 5 °C. Das ermöglicht, die vier- bis fünffache Menge des Gases aufzunehmen, weil die Feuchtigkeit nun vor der Speicherung entzogen wird.

Neu sind auch Statusanzeigen, die auf Knopfdruck am Gerät oder über die App über wichtige System- und Speicherzustände informieren. Das System besteht immer aus einer Energiezentrale und einem Wasserstoffspeicher mit einem Kompressor, der außerhalb des Hauses auf einem Betonfundament aufgestellt wird. Dieses Fundament ist zwingend notwendig.

Die Einheit der Energiezentrale hat ordentlich abgespeckt und wiegt nun 70 Prozent weniger: statt 2,2 Tonnen jetzt nur noch 700 Kilogramm. Grund ist der Wechsel von Blei- hin zu Lithiumbatterien der Firma Pylontech. Auch ist die Bauhöhe im Vergleich zum Vorgängergerät um 15 Zentimeter auf 1,85 Meter verringert. Klingt wenig, kann bei einer Installation im Keller aber entscheidend sein.

Die Picea 2 kostet ab 99.900 Euro

Das Picea-Modul wandelt den überschüssigen Solarstrom im Sommer in Wasserstoff um. So können große Energiemengen effizient und über lange Zeiträume gespeichert werden. Im Winter kann das Gas über eine Brennstoffzelle wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden. Die langfristige Speicherkapazität liegt bei bis zu 1.500 Kilowattstunden elektrisch. In der kleinsten Version mit 16 Gasflaschen sind es 300 Kilowattstunden.

Die kleinste Version der Picea 2 kostet 99.900 Euro. Der Preis ist brutto gleich netto, da bei Speichern der Mehrwertsteuersatz von null Prozent gilt. Mit mehr Speicherkapazität steigen die Kosten auf bis zu 140.000 Euro. Das bezieht sich auf einen Neubau, bei dem die Installation mitgeplant werden kann. Im Bestand kann es noch etwas aufwändiger werden, so dass sich der Betrag gegebenenfalls auf bis zu 160.000 Euro erhöht.

Die Nachfrage scheint da zu sein. Denn bisher wurden über 500 Geräte der ersten Generation verkauft. Mehr als 100 sind bei Kunden installiert.

Autor: Niels Hendrik Petersen

Eine Vision für 2024

Eine Vision für 2024

Börse bedeutet, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Der Anleger spekuliert auf zukünftig mögliche Entwicklungen, und auf dieser Erwartung beruhen die Aktienkurse. Wagen wir also den Blick in die Glaskugel: Mit theoretisch denkbaren Szenarien, die aber durchaus realistisch sind.

Ballard Power

In China wurde endlich ein Förderprogramm für den Bereich Wasserstoff und Brennstoffzelle auf den Weg gebracht. Das Joint-Venture mit Weichai Power läuft auf die Auslastung hinaus – 20.000 BZ-Stacks sind die Jahresproduktion, und man kann diese Kapazität schnell ausbauen. Der Hochlauf mit Wishdom Motor nimmt Fahrt aus. Es geht um beachtliche 12.000 BZ-Lkw, die innerhalb von 5 Jahren auf den Straßen fahren sollen – die ersten Fahrzeuge sind bereits ausgeliefert. Ballard entschließt sich nun, die Produktion der MEA (Membrane Elektrolyte Assembly, Hauptkostenträger in der Brennstoffzelle) in China zu realisieren, weil der Bedarf da ist. 130 Mio. US-$ sind fixiert, was bei über 700 Mio. US-$ auf dem Konto kein Problem für die Eigenfinanzierung ist. Die Partnerschaft (Testlauf) mit Ford in der Türkei für den F-Max wird positiv abgeschlossen, dann kann 2025 der Hochlauf beginnen. Es könnten mal über 10.000 BZ-Module im Jahr werden, weil Ford mit Hilfe von Ballard auf die Brennstoffzelle in Nutzfahrzeugen setzt. Bushersteller-OEM wie VanHool, Solaris und NFI (New Flyer) erhöhen massiv ihre Bestellungen an Stacks für den Einsatz in Bussen. Das US-Marktforschungsinstitut „Information Trends“ erwartet, dass bis zum Jahr 2037 weltweit 650.000 wasserstoffbetriebene Busse fahren werden. Ballard ist der Marktführer und kann es bleiben. In der Zug-Sparte kommen Großaufträge für BZ-Module von Ballard herein – von den Plattformpartnern Siemens Mobility und Stadler. Analysten erhöhen ihr vorläufiges Kursziel auf acht bis zehn US-$.

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Bloom Energy

Die ehrgeizige Vorgabe, für die kommenden zehn Jahre ein Wachstum von über 30 Prozent jährlich zu erreichen, nimmt Fahrt auf. Bloom kann 1,8 bis 2 Mrd. US-$ Umsatz in 2024 erreichen und operativ mit Gewinn abschließen – ein Meilenstein. Aus Europa kommen Großaufträge, und der US-Markt wächst ohnehin stark; hier gibt der Inflation Reduction Act (IRA) die Geschwindigkeit vor. In Asien setzt der Partner und Großaktionäre sk ecoplant/sk Group auf den Ausbau der gemeinsamen Projekte. Die eigene marktführende SOFC-Elektrolyse erhält ihren Startschuss in der Produktion nach erfolgreichen Testläufen mit über 90 Prozent Wirkungsgrad. In 2025 wird mit 1 GW Leistung für die Produktion begonnen. Analysten erhöhen ihre Kursziele (aktuell 10 bis 21) auf 30 US-$ oder mehr.

Nikola Motors

Das Auftragsbuch füllt sich. Ende 2024 liegen Bestellungen für über 2.000 Wasserstoff-Lkw des Nikola-Modells Tre FCEV vor, einem vollelektrischen 40-Tonner mit Batterien, BZ und H2-Tanks. Investmentbanken erhöhen die Kursziele von zwei (jüngst Investmentbank BAIRD) auf drei US-$ bis fünf US-$. Die eigene Wasserstoffproduktion nimmt zu. Anheuser Busch wandelt eine Absichtserklärung (LoI) in eine Bestellung von 800 BZ-Lkw um. Walmart gibt einen Großauftrag von 100 bis 500 Lkw heraus. Außerdem Aufträge für die ersten BZ-elektrischen Lkw, die auf kalifornischen Hafenanlagen im Betrieb sein werden: 500 im Jahr 2024 und 1000+ für 2025. FedEx schließt einen Testlauf ab und bestellt die ersten 1000 Lkw für die Dekarbonisierung des Unternehmens, das immerhin über rund 37.000 eigene Lkw im Markt verfügt. Nikola ist gegen Ende 2024 ausgelastet und baut die Kapazitäten von aktuell 2.400 Einheiten auf 10.000 Einheiten p.a. aus. Ende 2025 könnte bereits der Übergang in die Gewinnzone erfolgen. Das Wachstum muss finanziert werden: Eine weitere Kapitalerhöhung kommt im Jahresverlauf – 100 Mio. neue Aktien zu je drei US$-plus. Betriebshof-Konzerne wie Travel Center of America und Pilot J bauen eine Kooperation mit Nikola auf: gemeinsame H2-Tankstellen und Ladestationen für e-Lkw. Ein institutioneller Anleger wie der norwegische Staatsfonds (via Norges Bank) hält bereits über 107 Mio. Aktien bzw. 9,25 Prozent – das ist ein Fakt. Andere, etwa BlackRock, könnten folgen. Vielleicht steigt ein strategischer Investor ein; über den Aufkauf der Wandelanleihen kann man – noch – gut 25 Prozent am Unternehmen erwerben.

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Plug Power

Es ist nicht einfach. Das Unternehmen hat vollmundige Prognosen abgegeben, die sich schwer halten lassen. Die Aktie fährt weiter Achterbahn und schwankt stark, je nach Nachrichten-Lage. Ideal für Trader. Das ATM-Programm (At The Market) von einer Mrd. US-$ kann peu à peu platziert werden. Ein beantragter Kredit vom Department of Energy im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) wird genehmigt: 500 Mio. bis zu 1,6 Mrd. US-$, allerdings mit Auflagen (Hier die Frage der Konditionen: Coupon (Zinssatz), Laufzeit, Kapitaleinsatz, Rückzahlung). Ein Green Bond als Wandelanleihe wird parallel auf den Weg gebracht: Eine Mrd. US-$-plus. Strategische Investoren wie Fortescue beteiligen sich an manchem Projekt und Unternehmensbereich. Für die Produktion von grünem Wasserstoff setzt Plug Power sehr auf staatliche Zuschüsse im Rahmen des IRA; da gibt es Klarheit von der Regierung, aber es wird dauern. Großaufträge für PEM-Elektrolyseure können verbucht werden. Manche Produktionsstätte für BZ-Stacks und Kryotechnik und Elektrolyseure wird langsam (weniger Kapitalbedarf) ausgebaut, verkauft oder sogar eingestellt. CEO Andy March kündigte kurzfristig an, dass man in Georgia die Produktion von flüssigem Wasserstoff mit sieben Tonnen/Tag begonnen habe sowie die Belieferung von Amazon und Walmart – ein Meilenstein. Er erwartet einen Squeeze der Aktie (Quelle Barrons 1.2.24) aufgrund sehr hoher Leerverkäufe von fast 158 Mio. Aktien. Könnten da Amazon und Walmart für 100 Mio. verantwortlich sein? Diese haben mal über 100 Mio. Optionsscheine erhalten. Die aktuelle Kursexplosion beruht auf der neuen Einschätzung eines Analysten und dem CEO Andy Marsh. Da ist Vorsicht – kurzfristig – angebracht, denn ein ATM-Programm über 1 Mrd. US-$ könnte die aktuelle Situation ausnutzen. Die Zahlen für 2023 kommen im März. Die Kursrange im Jahr 2024: zwei bis sechs US-$, aber 2025 wieder Potential für über zehn US-$.

Siemens Energy

Nach den letzten Quartalszahlen entsteht ein neuer, positiver Trend: Gamesa kann immer besser integriert werden, Lieferketten werden optimiert. Verluste werden noch bleiben, aber das Gesamtbild verbessert sich nach und nach. Der Bereich Wasserstoff, Gasturbinen und Elektrolyse erhält viele Großaufträge, was den Auftragsbestand auf 140 Mrd. Euro hochschießen lässt. Von Quartal zu Quartal bessert sich die Lage, und 2025 wird das Unternehmen wieder im Plus abschließen und die Aktie nach oben treiben. Die Analysten erhöhen ihre Kursziele auf 25 Euro-Plus mit einem Potenzial von über 100 Prozent im Jahresverlauf gegenüber aktuellen Notierungen.

Hyzon Motors

Testläufe wie mit der Performance Food Group, einem der führenden US-Logistiker für Lebensmittel, laufen planmäßig und erfolgreich; kürzlich wurden die ersten vier Lkw ausgeliefert (Fakt). Da kommt nun ein Großauftrag. Die Produktion der eigenen 200-kW-Singlestacks beginnt im 2. Halbjahr. Ein strategischer Investor wie Fontaine Modification oder Marmon Holdings steigt ein und damit – indirekt – Warren Buffett (ihm gehört Marmon). In Europa wird ein Systemintegrator gefunden, vergleichbar mit Fontaine Modification. Die Aktie verdreifacht sich auf zwei US-$. Vielleicht spielt dabei der neue CTO Professor Christian Mohrdieck (vormals bei Cellcentric, einem 50/50-Joint Venture von Daimler Truck und Volvo) eine besondere Rolle?

Weichai Power

Weichai baut seine Stack-Strategie weiter aus. Man ist größter Einzelaktionär von Ballard Power und – neben Bosch – auch an Ceres Power beteiligt. Da China ein H2/BZ-Förderprogramm beschließt, gewinnt Weichai massiv an Beachtung – die Aktie zieht um 50 Prozent auf 2,50 Euro an. Die Stackfabrik (Joint Venture 51:49) zusammen mit Ballard wird ausgebaut. Parallel sollte man auch den US-amerikanischen Wettbewerber Cummins Engine beobachten, denn dieser profitiert vom Inflation Reduction Act und ist ebenfalls sehr aktiv in allen Bereichen der Wasserstofftechnologien (Stacks, Motoren, Elektrolyseure).

RISIKOHINWEIS

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein. Dies ist keine Anlage- und Kaufempfehlung, sondern nur eine persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Sven Jösting

Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Erprobung von BZ-Bussen und ihren H2-Tankstellen

Zwischenbilanz zur Analyse der Leistungsfähigkeit
Elektromobilität

Brennstoffzellenbusse (BZ-Busse) werden seit rund 20 Jahren erprobt. Mit europäischer Förderung laufen derzeit Demonstrationsprojekte mit rund 300 dieser Fahrzeuge. Die Leistungsfähigkeit der Busse und ihrer Wasserstofftankstellen wird auf der Basis von Betriebsdaten analysiert. Dieser Artikel möchte anhand ausgewählter Indikatoren eine Zwischenbilanz ziehen, inklusive Vergleichen mit den Ergebnissen bereits abgeschlossener Projekte. Insgesamt zeigen die Busse ein positiveres Bild als die Tankstellen.

Im Rahmen der Projekte JIVE und JIVE 2 (2017 bis 2024 bzw. 2018 bis 2025) sind die Busse an 16 Standorten in sechs Ländern im Einsatz (s. Abb. 2). Die örtlichen Flotten umfassen fünf bis 54 BZ-Busse. Zum Einsatz kommen einstöckige 12-m-Solobusse, Doppeldecker (in Großbritannien) sowie an einem Standort straßenbahnähnliche 18-m-Gelenkbusse. Die Wasserstofftankstellen wurden zum Teil aus einem weiteren Projekt namens MEHRLIN gefördert (Projektende: 30. Juni 2023).

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Standorte der Projekte JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN (Aberdeen, Auxerre, Barcelona, Birmingham, Bozen, Brighton, Emmen, Gelderland, Groningen, Region Köln, London, Pau, Südholland, Toulouse, Wiesbaden und Wuppertal) sowie Länder mit Beobachter-Regionen. Wegen einer Neuausrichtung beim Busbetreiber ist der Standort Wiesbaden nicht mehr aktiv.

Zu den Aktivitäten im Arbeitspaket „Monitoring and Analysis“ gehören neben dem hier auszugsweise vorgestellten „Performance Assessment“ auch ein Umwelt- und Kostenvergleich zwischen BZ- und Batteriebussen [1] und die Dokumentation von „Best Practice“ [2].
Aus Gründen der Vertraulichkeit wurden die Ergebnisse so aggregiert, dass keine Rückschlüsse auf einzelne Standorte möglich sind, soweit die Informationen nicht ohnehin bereits öffentlich zugänglich sind.

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Stand Mitte 2023
Bis Ende Juni 2023 (Stand der Datenbasis im Folgenden) legten die Busse rund 13 Millionen Kilometer zurück. In über 63.000 Tankvorgängen wurden mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben.

Verfügbarkeit der Brennstoffzellenbusse


Verfügbarkeit der Busse in JIVE/JIVE 2 im Vergleich mit früheren Projekten

Abbildung 3 zeigt einen Vergleich der Verfügbarkeit in den größeren Projekten zur Erprobung von Brennstoffzellenbussen seit 2001. Die Kastengrafiken zeigen jeweils die Maximal- und Minimalwerte, die beiden mittleren Quartile und, als waagrechte Linie innerhalb des Kastens, den Median.

Die BZ-Busse bis 2009 in den Projekten CUTE und HyFLEET:CUTE waren noch nicht hybridisiert, das heißt, es gab keine Batterie zur Unterstützung der Brennstoffzelle und keine Möglichkeit zur Rückgewinnung von Bremsenergie. Da pro Standort stets zwei Monteure der Hersteller anwesend waren, um Probleme zu beheben, war die Verfügbarkeit der Fahrzeuge vergleichsweise hoch.

Kastengrafiken (Box-Plots) sind ein Werkzeug zur aggregierten grafischen Darstellung von Daten, die mehr Information vermitteln können als zum Beispiel Mittelwerte und Standardabweichungen. Der Median ist der zentrale Wert einer auf- oder absteigend sortierten Liste von Daten. Bei Werten von beispielsweise 90 % – 90 % – 85 % – 80 % – 60 % – 40 % – 10 % beträgt der Median 80 %, der Mittelwert dagegen 65 %. Die beiden mittleren Quartile umfassen das Viertel aller Werte über und unter dem Median und sind somit ein Indikator dafür, wie stark die zentrale Hälfte aller Werte um den Median streut.

Ein signifikanter Vergleich ist daher vor allem zwischen dem Projekt CHIC mit der ersten Generation hybridisierter BZ-Busflotten (2010 bis 2016) und JIVE/JIVE 2 (seit 2017/18) möglich. Abbildung 3 zeigt eine deutliche Verbesserung der Bus-Verfügbarkeit in den aktuellen Projekten. Einzelne Standorte erreichen mehr als 99 Prozent, während nicht alle an das Ziel von über 90 Prozent herankommen.

Ausfallzeiten werden zumeist nicht von Komponenten verursacht, die dem Brennstoffzellenantrieb zuzuordnen sind, sondern Auslöser sind häufig konventionelle Bauteile. Längere Ausfallzeiten entstanden zum Beispiel dadurch, dass ein Hersteller unter anderem die Halterungen für die Wasserstofftanks verstärken musste, da die Vibrationen in Bussen ohne Dieselmotor unterschätzt worden waren. Bei einem anderen Fabrikat mussten die Klimaanlagen getauscht werden.

Laufleistung
Die Busse haben gezeigt, dass 500 Kilometer pro Tag beziehungsweise ohne Zwischenbetankung zurückgelegt werden können. Geringere Laufleistungen resultieren aus den örtlichen Einsatzbedingungen, also nicht aus Beschränkungen, die sich aus dem Wasserstoff-/Brennstoffzellenantrieb ergeben. Ein Standort setzt die Fahrzeuge zum Beispiel als Vorfeldbusse auf dem Flughafen ein, wo kurze Wege zurückzulegen sind. Insgesamt erfüllen die Fahrzeuge die Erwartungen der Betreiber.

Spezifischer Kraftstoffbedarf


Entwicklung des spezifischen Kraftstoffbedarfs von Projekt zu Projekt. Seit CHIC sind die Antriebe hybridisiert.

Abbildung 4 zeigt, wie sich der Kraftstoffbedarf pro 100 Kilometer Laufleistung entwickelt hat. Von CUTE zu HyFLEET:CUTE wurde zunächst der nicht-hybridisierte Antrieb optimiert. Ein Effizienzsprung ergab sich durch die Hybridisierung im Projekt CHIC. Im Rahmen von JIVE/JIVE 2 werden noch einmal deutlich geringere Werte von bis zu 6,5 kg/100 km erreicht. Damit wird das Projektziel von 9 kg/100 km für Solobusse in der Regel deutlich unterboten, selbst von den Doppeldeckern. Auch die 18-m-Fahrzeuge unterschreiten das Ziel von 14 kg/100 km klar.

Der saisonale Einfluss der Umgebungstemperatur beziehungsweise der Einfluss des Heizenergiebedarfs auf den Kraftstoffverbrauch konnte bespielhaft für zwei Standorte ermittelt werden, deren Fahrzeuge keine Klimaanlage besitzen, die also ohne Energiebedarf für Kühlung im Sommer auskommen. Hier variiert der Kraftstoffverbrauch über das Kalenderjahr um ca. ± 1 bis 2 kg/100 km bzw. ± 15 bis 20 %.

Zwischenfazit
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den BZ-Bussen haben sich einige Standorte entschlossen, weitere Fahrzeuge dieses Typs zu beschaffen. Hervorzuheben ist hier der Regionalverkehr Köln, der über die 50 in JIVE beziehungsweise JIVE 2 geförderten Busse hinaus bereits Verträge für bis zu 100 weitere Einheiten geschlossen hat. Andererseits wurde die Erweiterung der Flotte an einem anderen Standort zurückgestellt, weil es erhebliche Probleme mit der Wasserstofftankstelle gab; mehr dazu im Folgenden.

Vertankte Wasserstoffmengen


Vertankte Wasserstoffmengen pro Quartal als Summe aller Standorte

Bis Mitte 2023 wurden an 18 Tankstellen mehr als 1 Million Kilogramm Wasserstoff abgegeben. Die zeitliche Entwicklung ist in Abbildung 5 dargestellt. Die Quartalswerte für 2020 sind gering, da – bedingt durch die Corona-Pandemie – erst wenige Fahrzeuge in Betrieb waren beziehungsweise gingen und die Laufleistungen häufig geringer waren als sonst üblich. 2021 begann ein deutlicher Anstieg, unterbrochen von einem Rückgang im ersten Quartal 2022. Letzterer war bedingt durch:

–    Probleme mit den Bussen an mehreren Standorten, insbesondere bedingt durch Nachrüstungen wegen der unerwartet starken Vibrationen

–    Probleme an mehreren Tankstellen, die in einigen Fällen den Busbetrieb länger zum Erliegen brachten

–    Steigende Energie- bzw. Wasserstoffpreise nach dem Angriff auf die Ukraine, weshalb einige Betreiber den Einsatz ihrer BZ-Busse reduzierten

Seit dem zweiten Quartal 2022 steigen die Werte wieder nahezu stetig, auch bedingt durch die Inbetriebnahme weiterer Busse. Die Tankstellen stoßen in der Regel nicht an ihre Kapazitätsgrenzen: Durch den unerwartet niedrigen spezifischen Kraftstoffbedarf der Busse und die zeitweise geringeren Laufleistungen als geplant sind einige der Tankstellen zeitweise erheblich unterausgelastet.

Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen


Verfügbarkeit der Tankstellen in JIVE/JIVE 2/MEHRLIN im Vergleich mit früheren Projekten

Das Mindestziel für die Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen in JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN ist größer 98 Prozent, wobei 99 Prozent angestrebt werden. Dabei bleiben Zeiten der Nichtverfügbarkeit für planmäßige Wartung unberücksichtigt. Abbildung 6 zeigt, dass dieses Mindestziel von weniger als der Hälfte der Standorte erreicht wird (der Median liegt unter 98 %). Im Projekt CHIC waren die Tankstellen durchschnittlich deutlich verfügbarer, bei einem Zielwert von ebenfalls über 98 Prozent.

Die Ursachen für geringe Verfügbarkeiten lassen sich, aus der Perspektive der Betankungseinheit, in zwei Bereiche aufgliedern:

–    Externe Gründe bedeuten, dass die Wasserstofferzeugung vor Ort ausgefallen ist oder die Anlieferung von Wasserstoff nicht rechtzeitig erfolgt ist oder beides, so dass keine Betankungen möglich sind. Dies ist an zahlreichen Tankstellen zeitweise eingetreten.

–    Interne Gründe bedeuten, dass wegen technischer Probleme keine Betankungen möglich sind. Davon sind alle Tankstellen betroffen, wenn auch in deutlich unterschiedlichem Maße.

Dabei haben sich die wesentlichen Ursachen für Ausfälle von Wasserstofftankstellen für Busse aus internen Gründen in den letzten 20 Jahren kaum verändert. Sie umfassen insbesondere Probleme mit

–    Wasserstoffkompressoren

–    den Komponenten zur Betankung, insbesondere den Füllkupplungen mit ihren empfindlichen Infrarot-Sensoren zur Datenübertragung vom Bus an die Tankstelle

–    der Qualität bzw. Schnelligkeit des Hersteller-Services, d. h. Ausfälle wären teilweise vermeidbar gewesen oder dauern unnötig lange.

Hinzu kommen, nach dem Wechsel zu Typ-4-Tanks auf den meisten Bussen der aktuellen Generation, Herausforderungen bei der Vorkühlung des Wasserstoffs zur Gewährleistung einer hinreichend schnellen und vollständigen Befüllung, bedingt durch Softwareprobleme und fehlende anerkannte Betankungsprotokolle.

Die Partner des JIVE/JIVE 2/MEHRLIN-Konsortiums sehen die Gefahr, dass die breite Einführung von BZ-Bussen an einem Mangel an verlässlicher Betankungsinfrastruktur scheitern könnte.

Zusammenfassung

Die Erprobung der BZ-Busse und Wasserstofftankstellen in den Projekten JIVE, JIVE 2 und MEHRLIN wurde beziehungsweise wird durch eine Reihe externer Faktoren negativ beeinflusst. Dazu gehören die Corona-Pandemie, gestiegene Wasserstoffpreise und Probleme mit der Wasserstoffbelieferung.

Positiv ist festzuhalten, dass einige Standorte sich aufgrund guter Erfahrungen bereits vor Projektabschluss entschieden haben, ihre BZ-Bus-Flotte zu erweitern.

Die Busse zeigen insgesamt eine bessere Leistungsfähigkeit als die Fahrzeuge der Vorgängergeneration, auch wenn bislang nicht an allen Standorten die Zielwerte, wie eine Verfügbarkeit von mindestens 90 Prozent, erreicht werden. Insbesondere ist die in JIVE/JIVE 2 deutlich verbesserte Effizienz der Busse hervorzuheben.

Bei der Verfügbarkeit der Wasserstofftankstellen ist bisher keine generell positive Entwicklung zu erkennen. Ausfälle der Tankstellen wegen interner technischer Probleme haben im Einzelfall zu einem längeren Stillstand der lokalen BZ-Bus-Flotte geführt. Es ist bemerkenswert, dass auch nach rund 20 Jahren Erfahrung mit Tankstellen auf 350-bar-Druckniveau die Probleme mit einigen ihrer Komponenten nicht gelöst werden konnten.

Danksagung

Die Projekte JIVE und JIVE 2 werden von Clean Hydrogen Partnership (vormals Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking) im Rahmen der Zuwendungsvereinbarungen Nr. 735582 bzw. 779563 gefördert. Clean Hydrogen Partnership erhält Unterstützung aus dem Horizon-2020-Programm der Europäischen Union für Forschung und Innovation sowie von Hydrogen Europe und Hydrogen Europe Research. Das Projekt MEHRLIN wurde aus Mitteln der Connecting Europe Facility der Europäischen Union kofinanziert.

Die Ergebnisse wurden erstmals auf der Zero Emission Bus Conference 2023 vorgestellt.

Literatur

[1]        A. Zimmerer, S. Eckert und V. Roderer, Environmental Impacts and External Cost Benefits of Fuel Cell Buses. Comparison of Fuel Cell Buses with Battery Electric Buses, 2023. https://fuelcellbuses.eu/publications.

[2]        K. Buss, K. Stolzenburg, N. Whitehouse and S. Whitehouse, JIVE Third Best Practice and Commercialisation Report / JIVE 2 Second Best Practice Information Bank Report, 2022. https://fuelcellbuses.eu/publications.

AutorInnen:
Klaus Stolzenburg
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.stolzenburg@planet-energie.de
Katharina Buss
Ingenieurbüro PLANET GbR, Oldenburg
k.buss@planet-energie.de
Vanessa Roderer
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
VRoderer@sphera.com
Stefan Eckert
Sphera Solutions GmbH, Leinfelden-Echterdingen
SEckert@sphera.com

 

Uni Stuttgart ordert BZ-Kraftwerk

Uni Stuttgart ordert BZ-Kraftwerk

Die Universität Stuttgart hat ein Brennstoffzellenkraftwerk beim bayerischen Hersteller Proton Motor Fuel Cell bestellt. Die sogenannte HyShelter-Anlage verfügt über eine Leistung von bis zu 240 kW. Die stationäre und netzautarke H2-Brennstoffzelle soll in ein industrielles Forschungsgelände integriert werden und dort ab dem zweiten Quartal 2024 Strom erzeugen und ins Netz einspeisen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hatte die Universität Stuttgart beauftragt, eine H2-basierte Industrieforschungsplattform aufzubauen. Insgesamt 36 Mio. Euro fließen über drei Jahre in diese Plattform. Ziel des sogenannten WAVE-H2-Projektes ist es, die Reduzierung von CO2-Emissionen im Industriesektor zu forcieren. Zur Universität gehört der Bereich „Energietechnik der Zukunft“, bei dem das Potenzial von Wasserstoff zur durchgängigen Dekarbonisierung einen Schwerpunkt bildet.

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Das Container-Kraftwerk kann mobile Betankungseinheiten für Lastwagen mit Strom versorgen. Typische Einsatzbereiche für die HyShelter-Anlage sind netzunabhängige oder auch netzgebundene Installationen, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten, bei denen keine oder nur eine unzureichende elektrische Infrastruktur vorhanden ist oder Leistungsentnahme aus dem Netz reduziert werden soll.

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