H2-Herstellung aus Meerwasser ist möglich

H2-Herstellung aus Meerwasser ist möglich

Kooperation im Interesse der Wissenschaft

Wasserstoff ist das Element, das im Universum am häufigsten vorkommt. Es verwundert also nicht, dass das Interesse an praktikablen Methoden für eine gesteigerte Produktion, insbesondere von grünem Wasserstoff, groß ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der H2-Gewinnung aus Meerwasser. Hier gibt es einige neue Entwicklungsfortschritte.

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Wissenschaftler stellen immer wieder fest, dass sie nennenswertere Fortschritte vor allem dann machen, wenn sie mit anderen Experten, die sich mit demselben Thema beschäftigen, zusammenarbeiten. Solch ein Kooperationsprinzip verfolgt ein Projekt, an dem mehrere Institutionen beteiligt sind und dessen Ziel es ist, einen Prototyp zu schaffen, mit dem Wasserstoff aus minderwertigen Flüssigkeiten wie Meer- und Abwasser erzeugt werden kann.

Die Projektteilnehmenden arbeiten dabei mit Experten zusammen, die sich bestens mit Elektrolyseuren und Membranen auskennen. Bezüglich des auf vier Jahre angelegten Projekts erhoffen sich die Wissenschaftler, Membranen zu finden, die günstige und ausreichend vorhandene Metalle wie Nickel und Eisen nutzen. Zudem möchten sie Alternativen zu umweltverschmutzenden oder dauerhaft schädlichen Verfahren finden und die Recyclingquote verbessern. Die Forschenden hoffen, die Weiterentwicklung ihres Prototyps beschleunigen zu können, sobald sie mögliche Optionen ermittelt haben. Federführende Institution des Projekts ist die University of Galway in Irland. Außerdem sind Organisationen aus Israel, Spanien und Deutschland beteiligt.

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Das Projekt gehört zu einem größeren Unterfangen der Europäischen Kommission, praktikable Möglichkeiten zu finden, um die Produktion von grünem Wasserstoff zu steigern. So hat zum Beispiel die Europäische Wasserstoffbank kürzlich das Ziel angekündigt, zehn Mio. Tonnen grünen Wasserstoff bis 2030 selbst zu erzeugen. Weitere zehn Mio. Tonnen sollen importiert werden.

Sollten diese Bemühungen erfolgreich sein und saubere, umweltfreundliche Beförderungsmöglichkeiten gefunden werden, könnten fossile Brennstoffe in großer Dimension durch Wasserstoff ersetzt werden. Zudem könnte die Chemieindustrie durch eine einfachere Wasserstoffproduktion mit einem nachhaltigeren Rohstoff für die Produktion von Düngemitteln, Stahl und weiteren Erzeugnissen versorgt werden.

Ein neu entwickelter Elektrokatalysator

In den USA arbeitet das Team vom Texas Center for Superconductivity an der University of Houston an einem Elektrokatalysator auf Nickel- und Eisenbasis, der während der Meerwasserelektrolyse mit Kupfer-Kobalt interagiert. Mit dieser Kombination ließen sich bekannte Hürden, die mit der Wasserstoffgewinnung aus Meerwasser verbunden sind, überwinden. Zum Beispiel sind aktuelle Elektrokatalysatoren, die bislang verwendet werden, um eine Sauerstoff-Entwicklungs-Reaktion (OER) zu erzielen, unerschwinglich teuer.

Die US-amerikanischen Forschenden stellten nun fest, dass die von ihnen hergestellten OER-Elektrokatalysatoren von allen potenziellen Multimetall-Elektrokatalysatoren zu den leistungsstärksten zählten. Eine weitere spannende Erkenntnis ist, dass die Wasserstoffproduktion durch die neue Technologie und die optimierten Prozesse erschwinglicher werden könnte.

Laut dem leitenden Wissenschaftler Zhifeng Ren benötigt man für die Produktion eines Kilogramms Wasserstoff zurzeit rund 50 Kilowattstunden Strom. Liegt der Preis für Netzstrom bei 10 Cent pro Kilowattstunde, fallen allein 5 US-Dollar pro Kilogramm Wasserstoff nur für den Strom an. Das ist deutlich zu teuer, um diese Methode attraktiv zu machen.

Eine praktikable Vorgehensweise, die während dieser Studie entwickelt wurde, ist die Nutzung des Stromüberschusses von Windkraftanlagen oder Solarmodulen. Bei diesem Ansatz würden die Stromkosten weniger als 1 Cent pro Kilowattstunde betragen. Ren erklärt, dass diese Option nur umsetzbar sei, wenn Methoden zur Wasserstofferzeugung entwickelt würden, die ausschließlich grüne Energie nutzten.

Wissenschaftler erzielen Verbesserungen

Besonders attraktiv an der Wasserstoffgewinnung aus Meerwasser ist dessen reichliche und einfache Verfügbarkeit. Ein Team der Penn State hat im Rahmen einer Machbarkeitsstudie einen Meerwasserelektrolyseur entwickelt, der auf einer dünnen, halbdurchlässigen Membran basiert, die ursprünglich verwendet wurde, um Wasser über Umkehrosmose zu reinigen.

Die Wissenschaftler hatten mit zwei handelsüblichen Umkehrosmose-Membranen experimentiert und die benötigte Energie, den Qualitätsverlust der Membran sowie ihre Beständigkeit gegenüber dem Ionenaustausch gemessen. Dabei stellten sie fest, dass eine der Membranen durchaus gut für Meerwasser geeignet ist, weshalb weitere Nachforschungen anvisiert werden.

In einem weiteren Fall hat eine Gruppe an der University of Central Florida eine nanostrukturierte Dünnschicht hergestellt. Die Nanostrukturen enthielten Nickelselenid mit zugefügtem Phosphor und Eisen. Vorherige Bemühungen hatten aufgrund von Konkurrenzreaktionen nur eine begrenzte Wirksamkeit gezeigt.

Die Wissenschaftler bestätigten nun, dass die neue Herangehensweise vielversprechende Resultate liefere und eine zuverlässige, kosteneffiziente Lösung sei. Versuche zeigten, dass die Innovation für mehr als 200 Stunden höchst effizient und stabil war. Zukünftige Untersuchungen werden sich darauf konzentrieren, die neu entwickelten Materialien elektrisch effizienter zu machen und neue Optionen zu suchen, um diese Entwicklungen zu kommerzialisieren und zu finanzieren.

 

Machbarkeit eines Offshore-H2-Backbones

Machbarkeit eines Offshore-H2-Backbones

DNV-Studie analysiert Aufbau und Kosten

Die Energiewende in Europa kann nur gelingen, wenn auch CO2-intensive Sektoren zügig dekarbonisiert werden. Dabei wird grüner Wasserstoff sehr wahrscheinlich eine zentrale Rolle spielen, denn in vielen energieintensiven Anwendungen gibt es keine andere CO2-neutrale Alternative. Die für die Erreichung der Klimaneutralität notwendigen Mengen an Wasserstoff sind allerdings für Europa sehr hoch. Zur Dekarbonisierung der heutigen H2-Produktion in Europa würden etwa 250 TWh H2 benötigt. Bis 2050 geht die EU in ihrer Wasserstoffstrategie von 2.250 TWh aus.

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Wie die Energiekrise im vergangenen Jahr gezeigt hat, ist die Importabhängigkeit von Energieträgern strategisch risikoreich. Insofern sollten im Bereich Wasserstoff größere Erzeugungsmengen in Europa produziert werden, um nicht in vergleichbare Abhängigkeiten zu geraten, wie sie heute bei den fossilen Energieträgern gegeben sind.

Als unabhängiges Beratungsunternehmen hat DNV in diesem Zusammenhang für Gascade und Fluxys untersucht, inwiefern eine Offshore-Wasserstofferzeugung ökonomisch und strategisch sinnvoll ist und wie über eine großskalierende Einbindung einer Offshore-Elektrolyse in ein europäisches Netz ein signifikanter Beitrag zur europäischen Versorgungssicherheit realisiert werden kann.

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Offshore-Windenergie ist am wirtschaftlichsten

Ausgangspunkt der Untersuchungen ist zunächst der Vergleich von fünf H2-Wertschöpfungsketten, die hinsichtlich ihrer H2-Gestehungskosten untersucht werden. Dabei wird von einer Produktion in Mitteleuropa hinsichtlich der Wind- und Solarprofile ausgegangen. Verglichen werden die Produktionsketten Onshore-Wind, Onshore-PV und Offshore-Wind mit einer Onshore-Elektrolyse und einer HVAC- oder HVDC-Anbindung sowie Offshore-Wind mit einer Offshore-Elektrolyse und einer Pipelineanbindung.

Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass die Produktion von Wasserstoff mittels Offshore-Windenergie grundsätzlich am wirtschaftlichsten ist. Dies ist insbesondere in den hohen Volllaststunden – rund 5.000 – der Elektrolyse begründet, die bei Offshore-Windenergie erzielt werden können und durch die die Kapitalkosten im Verhältnis zur Produktion am vorteilhaftesten sind.

Bei der Nutzung von Offshore-Windenergie stellt sich weiterhin die Frage, ob die Elektrolyse eher onshore oder offshore erfolgen sollte. Auch dieser Aspekt wird in der Studie im Detail untersucht. Ein Vergleich der Bedeutung der Energieübertragungskosten auf die Gesamt-LCOH zwischen den drei Optionen

1) kabelgebundene HVAC-Anbindung (Elektrolyse onshore) und

2) kabelgebundene HVDC-Anbindung (Elektrolyse onshore) gegenüber

3) pipelinegebundene Wasserstoffübertragung (Elektrolyse offshore)

zeigt, dass bis zu einer Entfernung von etwa 125 km von der Küste die HVAC-Übertragung im Vergleich zur HVDC-Übertragung kostengünstiger ist. In Entfernungen darüber hinaus wird allerdings die Pipelineanbindung, bezogen auf die gesamten LCOH, günstiger. Die Elektrolyse sollte folglich für weiter entfernte Offshore-Gebiete auf See erfolgen. Für die Studie wird diese Grenze bei 100 km gezogen, da eine Pipeline auch mehrere Offshore-Windparks einbinden kann (s. gelb-schraffierter Bereich in Abb. 2).

Betrachtet man als weiteren Faktor noch die Landnutzung, die bei einer Onshore-Elektrolyse signifikante Flächen in Anspruch nimmt, so hat die Offshore-Elektrolyse noch einen weiteren Vorteil: Die ohnehin schon sehr intensive Landnutzung onshore wird nicht noch weiter intensiviert. Der kompakte Aufbau, der offshore möglich ist, ist deutlich vorteilhafter.

89 Gigawatt in der Nordsee in Planung

In einem nächsten Schritt wird in der Studie das Offshore-Winderzeugungspotential für Flächen mit einer Küstenentfernung von mehr als 100 km in der Nord- und Ostsee untersucht. Dabei werden nur solche Flächen berücksichtigt, die bislang von den entsprechenden Ländern für Windprojekte ausgewiesen wurden. Die entsprechenden Auswertungen zeigen, dass sich unter Berücksichtigung eines 100-km-Kriteriums aktuell in der Nordsee 89 GWel Leistung aus Offshore-Windenergie in meist sehr frühen Planungsphasen befinden. In den Seeflächen der Nordsee besteht aber noch weit mehr Potential, allerdings ist dies derzeit nicht für eine Windenergienutzung ausgewiesen.

Würde das ermittelte Potential (89 GW) in der Nordsee ausschließlich für die Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden, dann entspräche dies einer H2-Produktionsmenge von rund 350 TWh/a bzw. 9000t/a. Eine solche Menge würde je nach zugrunde gelegter Prognosestudie 15 bis 20 Prozent des Wasserstoffbedarfs Europas im Jahr 2050 abdecken.

In der Ostsee ist das Potential aufgrund der geringeren Küstenentfernungen deutlich niedriger, zumindest, wenn das 100-km-Kriterium hart berücksichtigt wird. Eine vertiefende Betrachtung des Produktionspotentials im Ostseeraum wurde in der Studie nicht vorgenommen. Allerdings könnte ein entsprechender Offshore-Backbone in der Ostsee auch eine landseitige H2-Produktion in Schweden und Finnland effizient nach Mitteleuropa führen und dazu mit einer seeseitigen Produktion kombiniert werden.

Unterschiede zwischen Erdgas- und H2-Pipelines

Aufbauend auf den Ergebnissen der Wirtschaftlichkeit und des möglichen Flächenpotentials, wird in der Studie anschließend die mögliche technische Umsetzung detailliert. Hierbei geht es weniger um die Offshore-Elektrolyse selbst, sondern spezifisch um die Optionen, die Offshore-Wasserstofferzeugung über ein Offshore-Pipelinenetz mit einem Onshore-Netz zu verbinden. Dabei sind zahlreiche Fragen zu klären, um einen Wasserstoff-Backbone zu schaffen, der sicher betrieben werden kann.

Vergleicht man beispielsweise den Transport von Erdgas, der in Offshore-Umgebungen üblich ist, mit dem Transport von Wasserstoff, der bisher noch nicht in Offshore-Umgebungen durchgeführt wurde, so müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden: Erstens haben Erdgas und Wasserstoff einen unterschiedlichen Energiegehalt, wenn sie durch eine Pipeline transportiert werden. Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan (CH4) und hat normalerweise einen Energiegehalt zwischen 34 und 43 MJ/m³ (oberer Heizwert).

Wasserstoff hingegen hat einen viel geringeren volumetrischen Energiegehalt als Erdgas (etwa 12,7 MJ/m³). Das bedeutet, dass beim Transport von Wasserstoff durch eine Pipeline ein viel größeres Gasvolumen erforderlich ist, um die gleiche Energiemenge wie die von Erdgas zu transportieren. Wasserstoff ist jedoch auch ein viel leichteres Gas als Erdgas.

Bei normaler Temperatur und normalem Druck hat ein Kubikmeter Wasserstoff zum Beispiel etwa ein Neuntel der Masse eines Kubikmeters Erdgas, was zu einem viel höheren Durchfluss bei gleichen Druckunterschieden führt. Die Kombination dieser beiden Aspekte (niedriger Heizwert und leichtes Gas) hat eine ausgleichende Wirkung, so dass der Energiefluss von Wasserstoff und der von Erdgas dennoch vergleichbar sind.

Darüber hinaus ist Wasserstoff auch im Stahl viel diffuser als Erdgas und fördert daher die Versprödung von Pipelines infolge zyklischer Belastungen. Dieser Effekt wird durch eine Vermeidung von zyklischen Belastungen, die Nutzung von weniger hochwertigen Stählen (die weicher und damit weniger rissanfällig sind) und die Verwendung einer dickeren Rohrleitungswand beherrschbar. Dies schränkt jedoch im Allgemeinen auch die Wiederverwendbarkeit bestehender Erdgaspipelines für den Wasserstofftransport deutlich ein.

Zusammenfassend kommt die Studie daher zu dem Schluss, dass sich aufgrund seiner unterschiedlichen volumetrischen, gravimetrischen und molekularen Eigenschaften der Transport von Wasserstoff von dem von Erdgas in Offshore-Pipelines stark unterscheidet. Offshore-Wasserstoffpipelines sollten mithin spezifische Auslegungskriterien erfüllen, um eine angemessene Transportkapazität zu gewährleisten und sicher und dauerhaft betrieben werden zu können. Aufgrund der vorgenommenen Analysen, die in diesem Artikel nur stichpunktartig aufgezeigt werden, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine Umwidmung bestehender Offshore-Pipelines in den meisten Fällen unwirtschaftlich ist, insbesondere dann, wenn die Pipeline Teil eines integrierten und mehrere Windparks verbindenden Systems sein soll.

Hohes Druckniveau möglich

Als abschließender Schritt wird in der Studie die technische Umsetzung eines Wasserstoff-Backbones in der Nordsee detailliert. Dabei werden u. a. Fragen zum Routing, zum Druckregime, den Pipelinekosten und der notwenigen Speicherkapazität aufgrund einer fluktuierenden H2-Produktion erörtert. Das in der Studie skizzierte Netz verbindet die Windparks in der Nordsee mit Anlandepunkten in sechs Nordseeanrainerstaaten. Für die Anbindung wurden in den Ländern Anschlusspunkte an die geplanten Onshore-Backbones gewählt. Das hierdurch gebildete Netz hat eine Gesamtlänge von 4.500 km und weist generell eine Nord-Süd-Flussrichtung auf.

In der Studie wird keine komplette hydraulische Analyse vorgenommen, sondern es erfolgen einige Näherungsberechnungen. Um beispielsweise den erforderlichen Eingangsdruck für den Transport von Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland zu ermitteln, wurden für die notwendigen Pipelineabschnitte entsprechende Berechnungen durchgeführt (s. Abb. 3).

Der angenommene Rohrleitungsdurchmesser beträgt 48 Zoll. Mit diesen Parametern wurde der erforderliche Eingangsdruck für unterschiedliche Kapazitäten der Pipeline berechnet. Für eine H2-Kapazität von 25 GW, die an diesen Pipelineabschnitt angeschlossen ist, wird beispielsweise ein Einlassdruck von 192 bar berechnet. Dies ist ein sehr hohes Druckniveau für H2-Offshore-Pipelines.

Das DNV Joint Industry Project (JIP) H2Pipe untersucht derzeit Konstruktion, Bau und Betrieb von Offshore-H2-Pipelines mit einem Druck von bis zu 250 bar. Obwohl diese Pipelines noch nicht kommerziell verfügbar sind, sehen DNV und die JIP-Partnerunternehmen keine größeren technischen Einschränkungen für die Verwirklichung solcher Pipelines. Die wirtschaftliche Machbarkeit in Bezug auf die Materialauswahl der Pipelines und der Zusatzausrüstung muss allerdings in den kommenden Jahren nachgewiesen werden.

Neben dem Pipelinesystem wird in der Studie auch der Speicherbedarf analysiert. Der Anschluss an ausreichende Speicherkapazitäten ist notwendig, um ein nahezu kontinuierliches Versorgungsprofil zu erhalten. Die Studie zeigt hierzu auf, dass etwa 30 Prozent der Jahresproduktion als Voraussetzung für diese auf fluktuierenden erneuerbaren Energien basierende H2-Versorgung gespeichert werden müssen. In der Studie wird entsprechend von einem Anschluss an Salzkavernenspeicher in Norddeutschland und den Niederlanden ausgegangen.

Kostenberechnung

Für das skizzierte Netz werden anschließend die Kosten abgeschätzt. Für die Nordsee beträgt die Gesamtlänge des geplanten Backbones 4.200 km. Geht man von einem Rohrdurchmesser von 36 bis 48 Zoll aus, so liegt der Preis zwischen 3.000 und 4.500 €/m Pipeline.

Gemäß den getätigten Annahmen liegen die zusätzlichen LCOH für das Pipelinesystem zwischen 0,13 und 0,20 €/kg Wasserstoff, d. h. 4,0 bis 6,6 €/MWh. Da die nivellierten Gesamtkosten für Offshore-Wasserstoff im Bereich von 3 bis 5 €/kg liegen, bedeutet dies einen Zusatz von nur 2,6 bis 6,7 Prozent, bezogen auf die direkten Produktionskosten.

Neben den Pipelines muss ein entsprechendes Kompressionsregime berücksichtigt werden. Die Kosten für einen Kompressor variieren erheblich mit der Größe. Die maximale Kapazität heutiger Kompressoren liegt bei etwa 16 MWel (Eingangsleistung). Unter der Annahme zentraler Kompressoren für eine Windfarm, eines Ausgangsdrucks der Elektrolyseure von 30 bar, einer Eingangsleistung für das Wasserstoff-Backbone von 200 bar, einer Anordnung von vier Kompressoren mit jeweils 50 Prozent der erforderlichen Gesamtkapazität und 200 Prozent der Installationskosten belaufen sich die Investitionen für einen 1-GWel-Windpark auf 46 Mio. Euro und für einen 2-GWel-Windpark auf 66 Mio. Euro. Damit liegen die zusätzlichen LCOH zwischen 0,06 und 0,08 €/kg Wasserstoff, was einem Wert von 2,0 bis. 2,7 €/MWh entspricht. Da die nivellierten Gesamtkosten für Offshore-Wasserstoff im Bereich von 3 bis 5 €/kg liegen, bedeutet dies einen Zusatz von 1,2 bis 2,7 Prozent.

Insgesamt bewegen sich die Kosten für Pipeline und Verdichtung bei etwa zehn Prozent der gesamten spezifischen Kosten des Wasserstoffs. Zusätzlich zu den Kosten für die Pipeline und die Verdichtung muss auch die Speicherung als dritte Komponente berücksichtigt werden, die zu den LCOH hinzukommt. Hierfür kommen die Ergebnisse zu einem Wert von zusätzlichen 0.22 bis 0.35 €/kg H2.

Mit den ermittelten Systemkomponenten werden in der Studie Investitionskosten von 35 bis 52 Mrd. Euro abgeschätzt, um den skizzierten Nordsee-Wasserstoff-Backbone zu bauen. In Verbindung mit den Ergebnissen der LCOH-Analyse kann Wasserstoff aus Nordsee-Offshore-Windparks damit zu spezifischen Kosten von etwa 4,69 bis 4,97 €/kg im Jahr 2030 nach Mitteleuropa geliefert werden. Aus Sicht der Autoren sind diese Kosten konkurrenzfähig mit Importen.

Zur Umsetzung des skizzierten Systems ist ein koordiniertes und zügiges Vorangehen der relevanten Anrainerstaaten unumgänglich. Nur so können die notwendigen Netzwerk- und Skaleneffekte realisiert werden, und ein Offshore-Backbone kann bis 2050 einen Beitrag zur Wasserstoffversorgung von Europa leisten.

45 Mio. Euro für die Regionen

45 Mio. Euro für die Regionen

In der zweiten Runde des HyLand-Wettbewerbs sind Ende April 2023 die Gewinner in der HyPerformer-Kategorie verkündet worden. Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, überreichte den Regionen Rügen-Stralsund, Erfurt (s. HZwei-Bericht über TH2ECO-Mobility auf S. 12) und Rhein-Ruhr die Förderzusage für jeweils 15 Mio. Euro zur Umsetzung ihrer integrierten Wasserstoffkonzepte. Das Steuergeld ist insbesondere für die Beschaffung von H2-Anwendungen im Verkehrsbereich gedacht.

Volker Wissing erklärte: „HyPerformer-Regionen sind Leuchtturmprojekte im nationalen wie internationalen Maßstab. In diesen Regionen haben sich bereits erste Netzwerke, Infrastrukturen und Projekte etabliert. Im nächsten Schritt geht es jetzt um den Rollout der Technologie und die praktische Anwendung.“

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Insgesamt werden damit vom BMDV seit 2019 mittlerweile 53 H2-Regionen in den drei Förderkategorien HyStarter (Networking), HyExperts (Konzepterstellung – s. HZwei-Regionen-Serie auf S. 22) und HyPerformer (Umsetzung) unterstützt.

Beim HyLand-Symposium in Berlin wurde zudem der Bund der Wasserstoffregionen (BdWR) gegründet, der den H2-Regionen eine politische Stimme verleihen soll. Initiatoren sind neben der NOW der DVGW sowie der VKU und Dr. Stefan Kerth (Landrat Landkreis Vorpommern-Rügen) als politischen Vertreter einer HyLand-Region.

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„Wir wollen zu einer der führenden Wasserstoffnationen weltweit werden.“

Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing

15 Milliarden Euro für die Uckermark

15 Milliarden Euro für die Uckermark

PCK und Enertrag starten HyPE+-Projekt

Es gibt erste konkrete Pläne für die Zukunft der PCK in Schwedt. Am 8. Mai 2023 haben Enertrag und die PCK Raffinerie GmbH eine Machbarkeitsstudie vorgestellt, die eine Vorstellung davon erlaubt, was an dem ostdeutschen Raffineriestandort bis 2045 passieren soll. Demnach könnte dort eine umfangreiche Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden, was Investitionen in Höhe von 15 Mrd. Euro nach sich ziehen würde.

Sowohl die Geschäftsführer beider Unternehmen als auch der brandenburgische Wirtschaftsminister Prof. Jörg Steinbach waren extra in die Retortenstadt, die rein optisch immer noch stark an sozialistische Zeiten erinnert, gekommen. Gemeinsam stellten sie ihr HyPE+ genanntes Projekt vor, das zum Ziel hat, den Standort parallel zum weiterlaufenden Öl- und Gasbetrieb fit für die Zukunft zu machen. Dafür hatte sich zuvor ein 15-köpfiges Projektteam acht Monate intensiv mit sechs verschiedenen Arbeitspaketen auseinandergesetzt.

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PCK-Vorstandsvorsitzender Ralf Schairer erläuterte, wie „Wertschöpfung regional geschaffen“ werden könne. Demnach soll die Raffinerie Schwedt später mal Wasserstoff per Pipeline aus der Region beziehen. Zudem soll aber auch vor Ort Wasserstoff in nennenswerter Größenordnung selbst produziert und vertrieben beziehungsweise in synthetische Kraftstoffe oder hochwertige chemische Produkte weiterverarbeitet werden. Perspektivisch könnten bis Ende 2027 mehr als 30.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr hergestellt werden.

„Wir sehen hier ein Zentrum für eine grüne Transformation.“

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Dr. Gunar Hering, Enertrag-Vorstandsvorsitzender

Dafür sind zunächst 32 MW Elektrolyseleistung von Siemens Energy eingeplant (s. HZwei-Heft Apr. 2023), die bis 2027 auf 300 bis 400 MW erweitert werden sollen. Bis 2030 könnte die H2-Produktionsmenge dann bis auf 160.000 t pro Jahr anwachsen, was circa 20 Prozent (ca. 1 GW) der in der nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehenen Elektrolyseleistung entspräche. Auf diese Weise könnten jährlich 2 Mio. t Flugkraftstoff, Methanol und High-Value-Chemicals, 1 Mio. t Biokraftstoffe sowie grüne Wärme für die Stadt Schwedt bereitgestellt werden. Das Investitionsvolumen dafür könnte sich in der Region auf rund 15 Mrd. Euro belaufen.

Ein Knackpunkt sei allerdings, so Schairer, dass sich voraussichtlich die Gesamtmenge der umgesetzten flüssigen Kraftstoffe von 11 Mio. t auf 3 Mio. t pro Jahr reduzieren werde. Dies habe ihn zunächst sehr nachdenklich gestimmt. Er erläuterte jedoch: „Von den 11 Mio. t erfolgen nur 20 Prozent der Wertschöpfung in Schwedt. Bei den 3 Mio. t findet hier 100 Prozent der Wertschöpfung statt. Die Euros bleiben also in der Region.“

An die rund 1.200 PCK-Mitarbeitenden gerichtet sagte Ralf Schairer beruhigend: „Wir werden noch viele Jahre Rohöl verarbeiten. Wir reden über eine Umstellung über zwei Dekaden.“

PCK-Geschäftsführer Harry Gnorski ergänzte: „Wir sind regional der größte Produzent von Wasserstoff, noch ist der allerdings grau.“ Damit dieser grün werde, hoffe er auf die Ansiedlung von Industrieunternehmen in der Region. Wie groß das Wachstumspotential im Nordosten der Bundesrepublik ist, verdeutlicht die Entwicklung von Enertrag, das derzeit 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, bis 2028 aber schon mit 2.000 rechnet. Dementsprechend stellte der per Video zugeschaltete parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Michael Kellner fest: „PCK und Enertrag sind die beiden wichtigsten Unternehmen in der Uckermark.“

Weniger Wasser vonnöten

Hinsichtlich des Wasserbedarfs in der Region erklärte Projektkoordinator Dr. Tobias Bischof-Niemz auf HZwei-Nachfrage: „Dieser wird sich deutlich reduzieren.“ Bislang verfüge die PCK über Wasserrechte für 20 Mio. t jährlich. Pro Gigawatt installierter Elektrolyseleistung würden etwa 1 Mio. t Wasser jährlich benötigt. Würden perspektivisch 5 GW in der Region installiert, läge der Wasserbedarf mit 5 Mio. t bei einem Viertel des bisherigen Bedarfs.

ECK statt PCK

Im Anschluss an die gemeinsame Pressekonferenz diskutierten die Herrschaften mit der Bürgermeisterin von Schwedt Annekathrin Hoppe sowie den Bürgerinnen und Bürgern über die Machbarkeitsstudie im Rahmen des Formats „Zukunft jetzt!“. Steinbach rief dort mit einem Augenzwinkern dazu auf, eine Kampagne zur Umbenennung der PCK in ECK zu starten, um damit zu symbolisieren, dass es in Schwedt nicht länger vorrangig um Petrochemie gehe, sondern dort ein Erneuerbare-Energien-Chemie-Kraftstoff-Verbund aufgebaut wird, wo e-Fuels und e-Chemikalien produziert würden.

TH2ECO zeigt den zukünftigen Wasserstoffmarkt

TH2ECO zeigt den zukünftigen Wasserstoffmarkt

Thüringens größtes H2-Ökosystem im Aufbau

Im Herzen Thüringens – rund um Erfurt und nördlich im Thüringer Becken – zeigt TH2ECO einen im Aufbau befindlichen regionalen Wasserstoffmarkt. Seit 2021 entwickelt ein partnerschaftliches Konsortium aus regionalen Spezialisten dieses Vorhaben. Die Partner kommen aus den Bereichen der erneuerbaren Energien, sind Netzbetreiber sowie Energie- und Stromanbieter, die den Auf- und Ausbau einer nachhaltigen H2-Infrastruktur und die Etablierung des neuen Energieträgers Wasserstoff vorantreiben. Von Beginn an mit dabei ist Projektmanager Kilian Fromm von Green Wind Innovation, der für dieses Projekt während der diesjährigen Hannover Messe von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den H2Eco Award überreicht bekommen hat.

TH2ECO will einen regionalen Wasserstoffmarkt schaffen, der zeigt, dass das komplexe System eines Marktes mit verschiedenen wirtschaftlichen, technischen und regulatorischen Anforderungen über die komplette Wertschöpfungskette – von grüner H2-Erzeugung bis hin zur -Anwendung – regional funktioniert und langfristig die lokale Wertschöpfung in einem überregionalen Markt einbindet.

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TH2ECO hat sich drei Kernzielen verschrieben: Dekarbonisierung, Regionalität und Nachhaltigkeit. Durch den Hochlauf einer kohlenstoffarmen Wirtschaft werden die CO2-Emissionen in Thüringen erheblich reduziert. Mit einer netzdienlichen Integration in bestehende Netze werden regionale bereits vorhandene Strukturen integriert.

Von der Erzeugung bis zur Anwendung

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Im Verbund und in koordinierter Projektsteuerung arbeiten derzeit drei Energieerzeuger (Green Wind Innovation, Boreas Energie, TEAG Thüringer Energie AG), drei Gasnetzbetreiber (Ferngas Netzgesellschaft, SWE Netz und TEN Thüringer Energienetze) und ein Gasspeicherbetreiber (TEP Thüringer Energie Speichergesellschaft) sowie mehrere Abnehmer zusammen. Die H2-Hauptanwendungen erfolgen im Bereich Mobilität, in der zentralen Wärmeerzeugung im Rahmen der Fernwärmeversorgung von Erfurt (SWE Energie) sowie im Industriesektor:

  • Mobilität: Güterverkehrszentrum (GVZ) Erfurt Ost mit einer Tankstelle für Nutzfahrzeuge von der Jet H2 Energy sowie Intralogistikanwendungen und die Nutzung im Schienenverkehr
  • Industrie: Unternehmen am Erfurter Kreuz
  • Wärme: GuD-Heizkraftwerk der Stadtwerke Erfurt zur Wärme- und Stromerzeugung, Gasnetzbeimischung in die Verteilnetze

Phase 1: Gasleitung bereits in Umwidmung
TH2ECO ist in drei Phasen gegliedert, die aufeinander aufbauende Stufen des entstehenden Wasserstoffmarktes abbilden. In der Initialphase bis 2025 ist geplant, dass drei Elektrolyseanlagen mit einer Gesamtkapazität von 25 MW im Thüringer Becken in Betrieb gehen. Der H2-Transport erfolgt vorrangig über die bestehende, in der Umwidmung auf 100 Prozent grünen Wasserstoff befindliche 42 km lange Ferngasleitung. Im Erfurter Stadtgebiet sorgt die SWE Netz für die weitere Versorgung per H2-Leitung.

Das GuD-Heizkraftwerk in Erfurt, das Industriegebiet am Erfurter Kreuz und das Ortsnetz von Kirchheiligen werden somit über diese Pipeline angeschlossen. Unidirektional wird der Porengasspeicher bei Kirchheiligen eingebunden, welcher für die H2-Nutzung bereits untersucht und für den die Realisierbarkeit bestätigt wurde. Auch das GVZ in Erfurt wird bereits in der Initialphase zum zweiten Quartal 2025 versorgt, wobei aufgrund der neu zu erbauenden Gasnetzanbindung zunächst eine Belieferung über Hochdrucktrailer erfolgen soll.

Phase 2: Erweiterung auf 40 MW Erzeugungsleistung
In der zweiten Phase zur Erweiterung des entstandenen regionalen H2-Marktes ist bei einem Hochlauf des deutschen Wasserstoffmarktes ein Ausbau der Erzeugungskapazitäten auf 40 MW vorgesehen. Die H2-Netzstruktur soll erweitert werden, wofür die Gasverteilnetze der TEN Thüringer Energienetze angeschlossen werden und der H2-Speicher bidirektional genutzt wird. Abnahmeseitig wird das Erfurter Gasnetz angeschlossen und die Anbindung im GVZ leitungsgebunden erfolgen. Der H2-Einsatz im GuD-Heizkraftwerk wird erhöht und der Schienenverkehr eingebunden.

Phase 3: Überregionale Einbindung
Anschließend wird das TH2ECO-Projekt durch die zusätzliche Aufnahme von regionalen H2-Erzeugungen und den H2-Import aus anderen Regionen weiter skaliert. Die Netzstruktur wird in das überregionale H2-Backbone-Netz eingebunden, so dass eine Versorgung von großen Industriebetrieben gewährleistet wird und die Stadtwerke ihre Klimaneutralität erreichen können.

Beispielhaft für Deutschland
Einen hohen Innovationsgrad zeigt TH2ECO bereits in der Initialphase: Aufgrund des potenten Netzwerks auf der Erzeugungs- und Abnahmeseite entstehen auf beiden Seiten der Wertschöpfungskette Marktstrukturen, die TH2ECO von anderen Projekten unterscheiden.

Durch drei H2-Erzeuger und verschiedene -Abnehmer in unterschiedlichen Branchen ergibt sich eine Vielzahl von neuen Fragestellungen, die im TH2ECO-Projekt beispielhaft angegangen werden und die eine Blaupause für H2 in Deutschland darstellen:

  • Wie etablieren sich praxisorientierte Vertragsstrukturen zwischen H2-Produzenten und -Abnehmern? Sind es bilaterale Vertragsstrukturen oder gibt es zentrale H2-Händler, die erzeugungsseitig Kapazitäten bündeln und zwischen den Abnehmern verteilen?
  • Wie wird mit Energieüberschüssen im Markt umgegangen? Wer ist verantwortlich für Abregelungen und Ausgleichsenergiemengen?
  • Hohe H2-Qualitäten (Wasserstoff 5.0) können in einer umgewidmeten Pipeline bei der Entnahme nicht garantiert werden, wie kann hier ein effizienter Mechanismus gefunden werden?
  • Im Wärme- oder Industriesektor bestehen andere regulatorische Rahmen als im Mobilitätsbereich (Anrechnung bei der THG-Quote). Wie können die unterschiedlichen Erlöspotentiale in einem Markt zusammengebracht werden?

Modular aufgebaute Elektrolysecontainer
Durch die gemeinsame Planung und enge Abstimmung im Konsortium werden verlässliche und funktionierende Strukturen geschaffen, die das Risiko für alle Vorhabensträger reduzieren und einen gleichzeitigen Hochlauf von H2-Angebot und -Nachfrage ermöglichen.

Die H2-Erzeuger gewährleisten in der Initialphase eine wirtschaftliche H2-Produktion durch die intelligente Kombination der Energie aus eigenen Wind- und PV-Freiflächenanlagen, die die Elektrolyseure mit CO2-freier Energie versorgen. Durch die eigenen EE-Anlagen der H2-Erzeuger ist hier eine langfristige, planbare Stromversorgung mit festen Preisen gewährleistet.

Durch einen modularen Aufbau und die flexible Anlagenstruktur von mehreren MW-Elektrolysecontainern wird die Anpassung an die physischen und rechtlichen Anforderungen des Wasserstoffs für verschiedene Versorgungsstränge im TH2ECO-Projekt an einem Elektrolysestandort ermöglicht. So kann einerseits von Beginn an eine Hochdruck-Trailerbefüllung mit 5.0-REDII-grünem Wasserstoff und andererseits mit CO2-freiem grünen Wasserstoff mit 30 bar für die H2-Leitungseinspeisung erfolgen. Synergien der H2-Nachfrage und unterschiedliche Erlösströme werden so genutzt, um wirtschaftliche Einnahmen in den verschiedenen Anwendungsbereichen zu ermöglichen.

Im Rahmen der Hannover Messe wurde TH2ECO, und hier namentlich Green Wind Innovation, mit dem H2Eco-Award ausgezeichnet – eine Auszeichnung des DWV und der Deutschen Messe für Unternehmen, die mit ihren Projekten einen herausragenden Beitrag zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft leisten. Green Wind Innovation ist im TH2ECO für den Aufbau einer modularen 10-MW-Elektrolyseanlage innerhalb des Konsortiums zuständig. Das Vorhaben zeichnet sich gemäß der Bewertung der namenhaft besetzten Jury durch einen besonderen systemtechnischen, volkswirtschaftlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur CO2-Einsparung aus.

TH2ECO MOBILITY wird HyPerformer
Im Bereich Mobilität wird durch die geplante Tankstelle im GVZ Erfurt der Zugriff auf höhere Erlöspotentiale für Wasserstoff ermöglicht. Aktuell wurde TH2ECO MOBILITY, federführend koordiniert von der EurA Innovationsberatung, im TH2ECO-Projekt vom Bundesverkehrsministerium zum HyPerformer 2023 ernannt. Um die Entwicklung eines H2-Mobilitätshubs im GVZ zu realisieren, werden in diesem Rahmen bis zu 15 Mio. Euro Fördergelder des Bundes bereitgestellt.

Im Bereich der Industrie wird mit einem abgestimmten H2-Produkt ein CO2-freier Energieträger geschaffen, welcher auch stofflich genutzt werden kann. Für die zentralen Wärmeanwendungen bei den Stadtwerken Erfurt wird ein CO2-freies Wärmeprodukt im Markt ermöglicht.

Versorgungssicherheit erhöht sich
Mit TH2ECO wird ein H2-Ökosystem geschaffen, welches die Potentiale der günstigen erneuerbaren Energien aus Wind- und PV-Anlagen nutzt und die Fluktuation der Energiequellen durch die Puffer- und Speichermöglichkeiten der H2-Leitung einbindet. So können die konstanten Nachfragen der Industrie, tagesschwankende Nachfragen der Mobilität und die jahreszeitlich schwankenden Nachfragen im Bereich der Wärme mit der erneuerbaren Energie aus regionalen Quellen zusammengebracht werden.

Im Heizkraftwerk der Stadtwerke Erfurt soll Wasserstoff zur Erzeugung von Fernwärme genutzt werden. Etwa 40 Prozent der Einwohner Erfurts können anteilig und unmittelbar davon profitieren. Darüber hinaus sollen durch H2-Beimischung in das bestehende Erdgasnetz Haushalte in Inselnetzen mit grünem Wasserstoff versorgt werden.

Mittelfristig soll einer der größten Wirtschaftsstandorte Thüringens, das Industriegebiet am Erfurter Kreuz, sowie der Schienenverkehr eingebunden werden. Die geplante Anbindung an das deutsche und europäische H2-Backbone-Netz (EHB, European Hydrogen Backbone) ab 2030 unterstützt die langfristige unternehmerische Perspektive über die Grenzen Thüringens und Deutschlands hinaus. So werden der Standort Deutschland und insbesondere Thüringen durch das TH2ECO Projekt gestärkt.

Projektentwicklung von Elektrolyseanlagen
Wie sieht beispielhaft die Vorgehensweise in der Projektentwicklung von Elektrolyseuren aus?
Fromm: Bei der Umsetzung der Elektrolyseanlage von Green Wind wurde die Gemeinde vor Ort frühzeitig durch eine Vorstellung beim Bürgermeister, im Bauausschuss und in Gemeindevertretersitzungen aktiv eingebunden. Wie bei der Windenergie in Thüringen sind wir überzeugt, dass eine faire Einbindung der Gemeinde in die Projekte notwendig ist. Zusätzlich sind Absprachen mit relevanten Stakeholdern, wie den regionalen Wasserversorgern, aufgenommen worden, um eine umweltverträgliche Wasserversorgung zu gewährleisten.

Welche Vorteile entstehen am Standort der Elektrolyse?
Unser Ansatz ist es, die komplette Einspeiseenergie der Elektrolyseanlage zu nutzen. Daher ist neben der Erzeugung von grünem Wasserstoff die Auskopplung von Nahwärme vor Ort bei der Elektrolyseanlage vorgesehen. Ein hilfreiches Potential, da beim Betrieb kostengünstige Abwärme entsteht, die – lokal genutzt – ein hilfreicher Baustein bei der kommunalen Wärmewende ist, beispielsweise innerhalb eines kalten Wärmenetzes.

Gibt es über das Thema der Abwärme hinaus weitere Vorteile vor Ort?
Ja, definitiv: Wir sehen vor, dass am Standort der Elektrolyse eine Besuchsmöglichkeit und somit ein Ort der Wissenserweiterung und des Lernens entsteht. Durch die Präsenz vor Ort möchten wir ein erlebbares Praxisbeispiel entwickeln, das den so wichtigen Themen Energiewende und Sektorenkopplung die verdiente Sichtbarkeit verschafft.

 

Bloom – Heute aufs nächste Halbjahr setzen

Bloom – Heute aufs nächste Halbjahr setzen

Gute Zahlen für das erste Quartal 2023: Der Umsatz stieg um über 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 275 Mio. US-$. Auf das Gesamtjahr bezogen wird das erste Halbjahr 30 Prozent des Umsatzes ausmachen. Das Gesamtjahr soll wie prognostiziert 1,4 bis 1,5 Mrd. US-$ Umsatz generieren. Die Non-GAAP-Gewinnmarge konnte im ersten Quartal um 5,4 Prozent auf 21,2 Prozent gesteigert werden. Im Jahresverlauf werden 25 Prozent angepeilt. Dies steht mit Kostensenkungsmaßnahmen im Zusammenhang.

Bloom hat seine Liquidität fast vollständig dafür eingesetzt, den Lagerbestand an Teilen und Equipment massiv auszubauen, um diese in bestehenden Projekten zum Einsatz zu bringen – vor allem in Südkorea: 315 Mio. US-$ im ersten Quartal. Bloom beendete dieses Quartal mit einem Bargeldbestand in Höhe von 483 Mio. US-$. Von manchem Analysten wird dies kritisch gesehen. Liest man den Text der Bilanzpressekonferenz, dann soll durch den schnellen Abverkauf der Teile die Liquidität nach Rechnungseingang im zweiten Halbjahr wieder erheblich zunehmen.

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Abb. 3: Installation von Bloom Energyservern auf Gebäudedach

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Quelle: Bloom

Großkunde und Großaktionär SK ecoplant hat im März seine zweite Rate in Höhe von 311 Mio. US-$ (13,5 Mio. Vorzugsaktien zu jeweils 23,05 US-$) überwiesen und ist damit größter Einzelaktionär. Bloom hat zudem den Kapitalmarkt durch einen Green-Bond in Form einer Wandelanleihe mit Drei-Prozent-Coupon und 18,85 US-$ Wandlungskurs pro Aktie erfolgreich angezapft. Zuerst sollten es 500 Mio. US-$ sein, diese wurden jedoch schnell auf 550 Mio. aufgestockt. Auch die Zusatzoption in Höhe von 82,5 Mio. US-$ findet sicherlich institutionelle Investoren. Dies ist ein klares Zeichen des Vertrauens in das Unternehmen.

Laut Investorenkonferenz vom 23. Mai 2023 plant Bloom, am Ende des Jahres eine frei verfügbare Liquidität in Höhe von 900 Mio. US-$ zu haben. Mancher Analyst sieht die Wandelanleihe jedoch negativ, da durch diese eine Verwässerung des Aktienkapitals entstehen könnte. Bloom hat hier indes Optionen, dass es zu einer Verwässerung nicht unbedingt kommen muss, sollte dieser Convertible während der Laufzeit in Aktien gewandelt werden. Der Aktienkurs muss dazu auch viel höher notieren. Gerade diese niedrigen Kurse sind Kaufkurse, da das Unternehmenswachstum 2024 und in den darauf folgenden Jahren durch den Aufbau einer ergänzenden Elektrolyseurproduktion von 2 GW im Jahr einen weiteren Schub erfahren wird.

Erfolgreiche Pilotprojekte schaffen neue Wirkungsfelder

Die Kombination aus der Nutzung von KWK-Abwärme und über 85 Prozent Wirkungsgrad findet in den ersten Aufträgen über jeweils 10 MW in Italien und Belgien ihren Ausdruck. Eine Auslieferung ist für das zweite Halbjahr geplant. Parallel soll die Produktion von Hochtemperatur-Elektrolyseuren 2024 richtig in Fahrt kommen. Zudem liegt die Zeitspanne des Hochlaufs der Anlagen oder auch deren Abschaltung bei nur noch zehn Minuten.

Der 4-MW-Elektrolyseur von Bloom kann 2,4 Tonnen Wasserstoff pro Tag erzeugen. Bloom arbeitet dabei mit Projektentwicklern und Unternehmen aus dem Bereich der Ammoniak-, Öl- und Gasproduktion zusammen. In Taiwan konnte in kurzer Zeit ein 10-MW-Auftrag im ersten Quartal abgewickelt werden, der erst im vierten Quartal 2022 reingekommen ist. Das spricht für Bloom.

Mit dem US Department of Energy (DoE) konnte im Idaho National Lab eine Anlage mit einem 100-kW-Elektrolyseur erfolgreich simuliert werden. 4.500 Stunden betrug die Laufzeit, mit dem Ergebnis einer um 25 Prozent höheren Effizienz bei der Produktion von kostengünstigem Wasserstoff, verglichen mit anderen Elektrolyseurtechnologien.

SK ecoplant schafft echte Synergien

SK ecoplant als Teil des größten südkoreanischen Energiekonzerns SK Group und größter Einzelaktionär nimmt Bloom Energy bei eigenen Projekten in Asien mit – wie auch jüngst bei einem 4,5 Mrd. US-$-Projekt in Neufundland, Labrador, Kanada. Da soll mittels 1 GW Windkraft Wasserstoff erzeugt werden und dieser per grünem Ammoniak als Exportgut in die Welt verschifft werden. Siemens Energy liefert die PEM-Elektrolyse, während Bloom mit Hochtemperaturelektrolyseuren zum Einsatz kommt, die über die Abwärme bei der Ammoniakproduktion gespeist und neben Power and Heat dann auch zur Wasserstoffproduktion genutzt werden.

Wie hoch der Bloom-Anteil an dem Projekt ausfällt, lässt sich derzeit nicht sagen, aber die Beteiligung via SK ecoplant ist an sich schon sehr positiv zu bewerten. Ab 2025 soll dort grüner Wasserstoff produziert werden und ab 2026 dann grünes Ammoniak. 600 MW per SOFC-Elektrolyse (Bloom) und PEM-Elektrolyse (Siemens Energy) sollen zusammen in der ersten Stufe 60.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Daraus resultieren 360.000 Tonnen grünes Ammoniak. Ein solches Projekt findet sicherlich Nachahmer in der Welt.

Anspruchsvolle Prognose

Im Jahr 2026 will Bloom 5 bis 6 Mrd. US-$ Umsatz erreichen. Der Bereich Stromerzeugung soll mit 25 bis 30 Prozent 2,5 bis 3 Mrd. US-$ Wachstum generieren. Neue Märkte wie die Elektrolyse und Carbon Capture sollen einen Anteil von 1 bis 2 Mrd. US-$ erreichen, wobei 500 Mio. US-$ aus dem maritimen Umfeld kommen. Bloom hat indes Aufwand durch den Tausch von alten Energyservern in solche der neuesten Bauart, was erst einmal Kosten verursacht. Im Endeffekt führt dies aber zu mehr Energiesicherheit und höhere Margen.

JP Morgan hat neues Kursziel: 20 US-$

Die Perspektiven von Bloom sieht JP-Morgan-Analyst Strouse in Kursen von erst einmal 20 US-$ nach dem scharfen Kursrückgang der vergangenen Wochen, da Bloom langfristig sehr gut aufgestellt sei. Von 15 US-$ auf 20 klingt erst einmal sehr viel, da dies über 30 Prozent gegenüber den aktuellen Notierungen liegt. Ich sehe die Aktie in den kommenden 12 bis 24 Monaten eher bei über 30 US-$ und kann mir auch Kurse von über 50 US-$ vorstellen, wenn die prognostizierten Zahlen erreicht werden und das Unternehmen nachhaltig in die Gewinnzone treten wird – eventuell ab 2024.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

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