Hochleistungs-Mikrofräsen hochharter Stähle für Bipolarplatten
Einblicke in eine sich rasant entwickelnde Technologie
Werkzeuge für das Stanzen, Prägen und Umformen von Blechmaterialien sind sehr anspruchsvoll. Bei der Herstellung sind teils Genauigkeiten im Bereich von 1 bis 2 µm gefordert. Der Schwierigkeitsgrad nimmt stark zu, je größer das Werkzeug und je dünner die Bleche werden. Ein Paradebeispiel hierfür sind Prägeplatten für die Blechteile von Bipolarplatten für Brennstoffzellen. Hierbei handelt es sich um dünne Strukturen aus verschweißten Blech-Halbschalen, die filigrane Strömungskanäle umschließen. Zusammen mit den dazwischen im Sandwichverfahren angeordneten Membran-Elektroden-Einheiten ergeben zahlreiche Lagen hintereinander die eigentlichen Stacks.
Bipolarplatten für Brennstoffzellen, die im Kfz-Bereich eingesetzt werden, bestehen häufig aus geprägten, gestanzten und zu Hohlkörpern verschweißten Blech-Halbschalen. Die Herstellung geeigneter Präge- und Stanzwerkzeuge ist beim aktuellen Stand der Technik eine Engpass-Technologie. Dünnere Bleche würden zwar das Gewicht der Brennstoffzellen reduzieren. Je dünner jedoch das Material, desto enger muss auch der Schnittspalt und umso genauer die Geometrie werden. Die von den Präge- und Stanzwerkzeugen sowie von den Pressen zu erbringenden Genauigkeiten sind daher äußerst herausfordernd.
Im Mittelpunkt des Interesses steht die Entwicklung einer geeigneten Prozesskette für die Herstellung der Präge- und Stanzwerkzeuge für die Produktion der Blechteile. Wesentliche Punkte betreffen die Anforderungen an den Stahl für die Werkzeuge, die CAD/CAM-Software, die benötigten Mikrofräswerkzeuge, die Eigenschaften der Werkzeugmaschine, die Schmierung und Kühlung der Fräser sowie die messtechnische Kontrolle und Dokumentation der Qualität.
In diesem Bereich arbeiten beispielsweise die Unternehmen Hufschmied, MHT, Röders, Open Mind, Voestalpine und Zeiss, die gemeinsam den aktuellen Entwicklungsstand im Rahmen eines Seminars mit mehr als 50 Teilnehmern präsentierten. Die dort vorgetragenen Ergebnisse sind nicht nur für Bipolarplatten-Akteure interessant, sondern darüber hinaus auch für weitere Branchen wie die Mikroproduktion, die Feinmechanik, die Medizintechnik oder die Luft- und Raumfahrt.
Ultraharter Stahl: Böhler K888 Matrix
Um die äußerst feinen Strukturen von Bipolarplatten wirtschaftlich darstellen zu können, muss das Prägewerkzeug eine sehr hohe Maßhaltigkeit, gute Verschleißbeständigkeit sowie eine geringe Adhäsionsneigung aufweisen. Weitere Voraussetzung ist eine gute Zerspanbarkeit. Dies setzt einen niedrigen Anteil an Primärcarbiden in einer harten Gefügematrix (Matrixstahl) voraus. Des Weiteren sollten die Carbide nur sehr klein sowie homogen über den gesamten Querschnitt verteilt sein, da grobe Exemplare beim Zerspanen zerbrechen und dadurch Oberflächenfehler verursachen können. Deshalb kommen pulvermetallurgisch erzeugte Stähle zum Einsatz.
Gewählt wurde mit dem Böhler K888 Matrix ein Werkstoff mit einem maximalen Carbidanteil von weniger als zwei Prozent. Dieser wird im weichgeglühten Zustand mit einer Brinellhärte von unter 280 HB ausgeliefert und erreicht nach dem Härten bei Temperaturen zwischen 1.070 und 1.120 °C eine Rockwellhärte von 63 +1 HRC. Dadurch zeichnet er sich selbst im Vergleich mit hoch carbidhaltigen Werkstoffen durch eine hohe Verschleißbeständigkeit aus.
Zerspanungsversuche bei der Firma Hufschmied ergaben, dass das Material dennoch gut bearbeitbar ist und sehr gute Oberflächenqualitäten erreichbar sind. Der Werkstoff ist zudem gut beschichtbar, was ebenfalls zu einer Standzeiterhöhung führt.
CAD/CAM-Software
Für eine optimale Bauteilqualität ist ein geeignetes NC-Programm unentbehrlich. Zur Erstellung dieser NC-Programme bietet Open Mind mit seinem CAD/CAM-System hyperMILL alle Voraussetzungen. Die Software berechnet dazu die Werkzeugwege mit höchster Genauigkeit und liefert dadurch entsprechend exakte NC-Daten. Hierfür müssen jedoch einige Punkte beachtet werden: Um für die Berechnung der Werkzeugwege die Topologie des Bauteils vollständig zu berücksichtigen, müssen geometrische Merkmale wie scharfe Kanten, Lücken sowie die Beschaffenheit der Flächenübergänge analysiert und erkannt werden. Diese Informationen fließen anschließend in die Berechnungen ein und steuern etwa die Punkteverteilung im Werkzeugweg.
Zusätzlich lassen sich weitere Optimierungen wie das Anpassen des Vorschubs durchführen. Dadurch kann das Fräswerkzeug das Bauteil mit konstantem Vorschub bearbeiten. Die Funktion „Sanftes Überlappen“ vermeidet sichtbare Übergänge durch den Einsatz verschiedener Fräswerkzeuge oder Strategien und reduziert den Aufwand für manuelle Nachbearbeitungen auf nahezu null.
Wichtig ist auch die Verknüpfung geometrisch identischer Strukturen innerhalb eines Bauteils, die entweder automatisch oder manuell erkannt bzw. definiert werden. Die entsprechenden Werkzeugwege, die zuerst für einen einzelnen Bereich erstellt wurden, können dann über eine Transformation an die vorher erkannten oder manuell definierten Positionen gebracht und vollautomatisch verbunden werden. Dabei werden unnötige Bewegungen entfernt. Durch dieses Vorgehen lassen sich im CAM-System die Berechnungszeiten erheblich reduzieren.
Anforderungen an die Fräsmaschine
Die Bearbeitung von Prägestempeln für Bipolarplatten ist durch hohe Materialhärte, kleine Werkzeuge mit Durchmessern deutlich unter einem Millimeter sowie hohe Anforderungen an Oberflächengüte und Genauigkeit bis herab in den 1-µm-Bereich charakterisiert. Die kleinteiligen Konturen bedingen zudem lange Laufzeiten, was sehr gute thermische Langzeitstabilität der Werkzeugmaschine voraussetzt.
Röders-Werkzeugmaschinen zeichnen sich unter anderem durch reibungsfreie Direktantriebe, hochsteife Rollenführungen, einen reibungsfreien Gewichtsausgleich der Z-Achse, Präzisions-HSC-Spindeln und eine hochgenaue Werkzeugvermessung aus. Eine Besonderheit ist die mit 32 kHz hohe Taktrate der Regelung in allen Regelkreisen, die eine schnelle Korrektur selbst kleinster Abweichungen ermöglicht. Entscheidend ist außerdem das ausgefeilte Temperaturmanagement durch ein auf ± 0,1 K stabil gehaltenes Temperiermedium, das durch alle wesentlichen Komponenten der Maschine zirkuliert. So lassen sich Toleranzen im unteren Mikrometerbereich prozesssicher einhalten.
Die zur Bearbeitung der verschiedenen Segmente des Demonstrators (50 mm x 40 mm) auf der Röders-Anlage eingesetzten Hufschmied-Werkzeuge der Bumble-Bi-Reihe sowie die entsprechenden Bearbeitungszeiten, Quelle: Röders/Hufschmied
Bumble-Bi-Mikrowerkzeuge von Hufschmied
Für die Fräswerkzeuge ist die Bearbeitung von Prägewerkzeugen für Bipolarplatten eine besondere Herausforderung. Dies liegt an der Härte des zu bearbeitenden Materials und der langen Laufzeit der Programme von teils deutlich über hundert Stunden. Auch erlauben die geforderten Genauigkeiten nur geringen Verschleiß. Hierfür entwickelte Hufschmied die spezielle „Bumble-Bi“-Baureihe von Mikrowerkzeugen. Dazu gehören Hochvorschubfräser für das Schruppen sowie Torusfräser, Kugelfräser und Flatballfräser. Letztere sind eine Art Hybrid aus Torus- und Kugelfräser. Alle Werkzeuge erhalten eine eigens entwickelte PVD-Beschichtung, deren extrem glatte Schichten ein gutes Temperaturmanagement ermöglichen. Die zur Herstellung des Demonstrators eingesetzten Fräswerkzeuge sowie ihre Einsatzparameter sind in einer Tabelle zusammengefasst.
Die hohle Hülse des MHT-Medienverteilers umschließt den Werkzeughalter, ohne ihn zu berühren oder mit ihm zu rotieren. Luft und Schmiermedium werden über die Andockstation unterhalb der Spindel zugeführt.
Optimal schmieren mit dem MHT-Medienverteiler
Bei Zerspanungsprozessen spielt die richtige Kombination von Kühlung, Schmierung und Entfernung von Spänen aus dem Arbeitsbereich eine entscheidende Rolle. Der MHT-Medienverteiler ermöglicht eine effiziente und zudem kosten- und energiesparende Herangehensweise. Kernelement ist eine konische Hülse, die dem Werkzeughalter fest zugeordnet und mit diesem beim Werkzeugwechsel getauscht wird, jedoch nicht mit dem Fräser mitrotiert. Sie wird unterhalb der Spindel angedockt und von dort mit Druckluft und Schmiermedium versorgt.
Die wesentliche Kühl- und Reinigungsarbeit übernimmt hierbei die Druckluft, die aus ringförmig angeordneten Düsen am unteren Rand der Hülse strömt. Durch den starken Luftstrahl werden die Späne samt ihrem Wärmeinhalt sofort vom Fräser und vom Werkstück entfernt. Das Schmiermedium aus sorgfältig ausgewählten Kohlenwasserstoffen wird in äußerst geringen Mengen (2 bis 10 ml/Stunde) zugeführt. Dies genügt, um die Schneiden optimal zu schmieren. Bei der Hartzerspanung verringert sich die Wärmeentwicklung an den Schneiden um etwa 50 Prozent. Entscheidende Vorteile sind deutlich erhöhte Lebensdauern der Werkzeuge, eine höhere Zerspanungsleistung der Maschine sowie bessere Oberflächen der Werkstücke.
Messtechnik und Qualitätskontrolle
Bei der Herstellung von Bipolarplatten-Prägewerkzeugen kommen Fräser mit Durchmessern bis herab zu 0,2 mm zum Einsatz. Für die Qualitätskontrolle müssen sehr kleine und zugleich enge Konturbereiche, zum Beispiel an den Flanken der Fließkanäle sowie an den geschnittenen Kanten, gemessen werden. Da es hierbei bis herab zum einzelnen µm geht, sollte die Messunsicherheit des verwendeten Messsystems zehnmal besser sein als die zu prüfenden Fertigungstoleranzen. Das schaffen jedoch nur wenige Koordinatenmessgeräte.
Um diese Messpunkte fähig und mit vertretbarem Aufwand erfassen zu können, kam daher ein optischer Sensor vom Typ Zeiss DotScan mit einer Messrate von bis zu 1.000 Messpunkte/s zum Einsatz, der mit einer Dreh-Schwenkeinheit in drei verschiedenen Winkelstellungen über die Probe geführt wurde.
Messung des Demonstrators mithilfe des optischen Sensors Typ Zeiss DotScan mit MPE von 1,8 µm + L/350. Um die Flanken besser messen zu können, wurde er mit einer Dreh-Schwenkeinheit des Typs RDS und auf einem Zeiss-„Contura“-Koordinatenmessgerät über die Probe geführt. Quelle: Zeiss
Ergebnisse
Die vorgestellten Ergebnisse (Streuung ±3µm) belegen die Effizienz der hier vorgestellten Prozesskette. Mit der richtigen Auswahl der eingesetzten Komponenten und passender Vorgehensweise lässt sich eine hohe Prozesssicherheit auch bei hochfesten bzw. harten Werkzeugstählen erreichen. Zudem können hierbei hohe Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Aber dazu sind auch alle Aspekte eingehend zu betrachten.
Autor: Klaus Vollrath