Hzwei Blogbeitrag

21. Februar 2025

Titelbild: Über den Touchscreen des EMS lässt sich der Ecore One bedienen

Bildquelle: N. Petersen/Mary Goldau

Infener will ganze Quartiere autark mit Energie versorgen

Alles in einem Gerät vereint

Das Schweizer Start-up Infener will europaweit das Thema Wasserstoff forcieren. In dezentralen H2-Hubs soll Ökostrom, aber auch grüne Wärme gewonnen werden. Der Ecore One ist eine kompakte Containerlösung, die verschiedene Energietechnologien in einem Gerät vereint: Elektrolyseur, Brennstoffzelle und Batterie sowie Kompressor und eine Wärmepumpe mit einem eigenen Energiemanagementsystem. Im nächsten Jahr soll die H2-Produktion an einem Standort im Schwarzwald starten. Der Bedarf der regionalen Industrie ist jedoch heute schon weitaus größer.

„Die Komponenten – vom Elektrolyseur und der Brennstoffzelle über Batterien und Wärmepumpen bis hin zum H2-Druckgasspeicher – sind einzeln erhältlich“, so Tobias Gruber, Produktchef bei Infener. Die Innovation des jungen Unternehmens besteht darin, diese Technologien effizient zu einem Energiesystem zu kombinieren. Der Ecore One ist flexibel skalierbar und somit nicht nur auf Einfamilienhäuser beschränkt. Er kann auch größere Gebäude wie Hotels, Firmen oder ganze Quartiere autark und CO₂-neutral mit Wärme und Elektrizität versorgen – oder das System wird bei Bedarf netzdienlich betrieben. Der eingebaute PEM-Elektrolyseur deckt eine Leistung zwischen 10 und 30 kW ab.

Der Hauptsitz des Start-ups liegt in Stansstad südlich von Luzern. Die junge Firma ist ein Spin-off der W&P Engineering Group. „Wir hatten Wasserstoff schon 2018 als zentrales Zukunftsthema erkannt“, erklärt Gruber. Der Ecore One sei damals die erste Idee der beiden Gründer Joel Vogl und Felix Schmid gewesen. Das System soll eine unabhängige und wasserstoffbasierte Strom- und Wärmeversorgung von Gebäuden ermöglichen. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass der Bedarf an Wasserstoff größer ist“, sagt Gruber.

Viele energieintensive Industrien wollten auf Wasserstoff umstellen, aber das Angebot sei aktuell einfach noch nicht da. „Darum haben wir damit begonnen, auch in die Umsetzung von Wasserstoff-Hubs und Großprojekten zu gehen“, beschreibt er den ganzheitlichen Ansatz. Ziel ist es, die Nachfrage energieintensiver Industrien und mittelständischer Unternehmen dezentral und unabhängig vom Kernnetz zu bedienen. Derzeit wächst das Start-up kontinuierlich und realisiert beispielsweise Projekte in Norwegen oder Portugal.

Investitionen von 45 Mio. Euro nötig

Der Hub im Schwarzwald ist bereits in einer sehr konkreten Planung: In Villingen-Schwenningen wird er auf einer Fläche von etwa 10.000 m² im Industriegebiet Salzgrube entstehen. Denn die Industrieregion wird voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2040 an die überregionale H2-Pipeline angebunden sein. Deshalb soll die Elektrolyseleistung der Anlage bereits ab 2026 sukzessive von 5 MW auf 20 MW steigen – genug, um in der finalen Stufe jährlich rund 2.000 Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Die Investitionen werden sich voraussichtlich auf 45 Mio. Euro belaufen. Der Energiebedarf der regionalen Logistik-, Verkehrs- und Industriebranche ist heute schon größer.

Das Design des Hubs überzeugt durch eine natürliche Holzverkleidung. Es wurde vom Hamburger Architektur- und Design-Büro Hadi Teherani entworfen. Die Projektbetreuung vor Ort übernimmt das Architekturbüro Schleicher. Die steckerfertige Komplettlösung erhielt zudem im vergangenen Jahr den German Innovation Award. Die Jury überzeugte das an verschiedene Gebäude anpassbare Energiesystem, das schlüsselfertig in einer kompakten Lösung kommt – und dadurch „besonders komfortabel“ ist. Ein weiterer Vorteil bestehe darin, „dass für diese Lösung Versorgungsräume überflüssig werden, da die transportablen Container außerhalb vom Gebäude stehen”, so die Begründung.

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Abb. 2: Wärmepumpe vorn und Solarwechselrichter an der Wand

Dabei geht es nicht nur um die effiziente Erzeugung von Strom und Wärme. So wird selbst die Abwärme aus dem Betrieb der Brennstoffzellen genutzt und mithilfe der Wärmepumpe weiter optimiert, so dass sie für Industrieprozesse oder in Wärmenetzen nutzbar ist. Der ebenfalls bei der Elektrolyse anfallende Sauerstoff wird vor allem für die Oxyfuel-Verbrennung eingesetzt. Auch das hilft, Industrieprozesse effektiver zu dekarbonisieren. Direkte Stromlieferverträge, sogenannte PPAs mit Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen aus der Region, liefern den Ökostrom für den Betrieb des kleinen Ökokraftwerks Ecore. Auch potenzielle Abnehmer konnten schon gewonnen werden: Der Logistiker Noerpel plant den grünen Wasserstoff zur Betankung von H2-Truck- oder -Bus-Flotten einzusetzen, zudem unterstützt der Verkehrsverbund Move das Projekt.

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Abb. 3: Tobias Gruber (links) mit den beiden Gründern Joel Vogl (CEO) und Felix Schmid

Neben dem 20-MW-Hub in Villingen-Schwenningen sind bereits weitere Projekte in Gengenbach und Neumünster in Planung. Diese befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Die Inbetriebnahme des 50-MW-Hubs in Neumünster ist beispielsweise für das Jahr 2026 oder 2027 geplant. Nur wenige Kilometer südlich von Offenburg in Baden-Württemberg liegt Gengenbach. Die Stadt will helfen, die Nutzung von grünem Wasserstoff zu etablieren, sagt der ehemalige Bürgermeister Thorsten Erny, der bis Ende 2024 im Amt war und das Vorhaben unterstützte.

2.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr

Das Projekt auf dem Gewerbegebiet Kinzigpark I befindet sich aktuell in der Konzeptionsphase. Die Realisierung hängt noch von den Ergebnissen dieser Planungsphase sowie von einem unterschriebenen Abschluss des PPA für Ökostrom und den finalen Investitionsentscheidungen ab. Die kommunale Politik, die Stadtwerke und die regionale Wirtschaftsförderung unterstützen das Vorhaben bereits. Geplant ist auch hier die Produktion von jährlich rund 2.000 Tonnen H2.

Die Politik will den Aufbau der H2-Produktion mit ihren Zielen unterstützen: Die EU plant bis 2030 den Ausbau auf 40 GW Elektrolysekapazität, allein Deutschland strebt 10 GW an. Bis heute sind hierzulande jedoch nur 100 Megawatt installiert. Infener hat sich für die nächsten Jahre hehre Ziele gesetzt und will die europäische Wasserstoffwirtschaft aktiv mitgestalten. „Wir möchten in den nächsten Jahren mehr als 9 GW dazu beitragen“, sagt Tobias Gruber selbstbewusst.

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