Selbst Großaktionäre sind mittlerweile darüber genervt, dass Tesla-CEO Musk permanent Meldungen via Twitter absetzt, die zum Teil so gar nichts mit der Firma zu tun haben und sehr aktionistisch wirken. Ein fast wie ein Ultimatum klingender Tweet sollte den Shortsellern arge Problem binnen drei Wochen bescheren, was dann ja nach fünf Wochen (Privatisierungs-Tweet) der Fall war. Die Art und Weise dieses Tweets lässt fast schon Vergleiche mit US-Präsident Donald Trump zu, zudem da Äußerungen fallen, die ein CEO in der Form meines Erachtens (Börsengesetze) gar nicht tätigen dürfen und schon gar nicht während der Börsenzeiten, da ja Einfluss auf den Kursverlauf genommen wird.
Die Tweets über die erreichten Ziele für den Ausstoß an Model-3-Fahrzeugen (5.000 pro Woche) wirken da noch harmlos. Und auch Andeutungen, dass Tesla plane, weitere Werke für Akkus und Fahrzeugproduktion in China (Shanghai) wie auch in Europa (Deutschland) zu eröffnen, wirken nicht vertraueneinflößend, weil dazu natürlich hohe Investitionen notwendig wären, die Tesla gegenwärtig gar nicht aufbringen kann, auch wenn Unternehmenspartner Panasonic signalisiert hat, als Partner weiter mit im Boot zu sein.
Viele Käufer des Model 3 müssen damit klarkommen, dass der Steuerzuschuss in Höhe von 7.500 US-$ nun nicht mehr in voller Höhe gilt, da Tesla die Marke von 200.000 Einheiten überschritten hat. Nun gilt vorerst (ein halbes Jahr) nur noch der halbe Freibetrag und dann gar keiner mehr. Für 35.000 US-$ (Basisversion) kann man das Model 3 ohnehin nicht kaufen, da Musk aufgrund des wesentlich höheren Preises (höherer Margen) nur die Modelle mit Sonderausstattung am Markt positioniert. Da wiegt es schon schwerer, dass der ehemalige Tesla-Mitarbeiter Martin Tripp (ihm wird von Musk Industriesabotage vorgeworfen) in der Öffentlichkeit behauptet, dass nicht nur fehlerhafte Teile in das Model 3 eingebaut würden, sondern auch fehlerhafte Batterien. All dies erfolge nur und ausschließlich, um den ambitionierten Mengenzielen von Musk zu entsprechen. Da raten sogar Marketingagenturen und Verbraucherschützer dazu, lieber auf sein Model 3 zu warten, als zu denjenigen zu zählen, die es als Erste ausgeliefert bekommen.
Auch das aggressive Pricing des Wettbewerbs für neue Elektroautos könnte sich negativ auf Tesla auswirken, so mancher Analyst. Selbst die Investmentbank Needham stellt Tesla auf neutral, mit der Begründung, es fließe mehr Geld durch Stornierungen 1.000-US-$-Anzahlung ab, als neue Bestellungen hereinkämen. Ich teile die genannten Analystenmeinungen der Sell side und bleibe unverändert skeptisch, was aber weniger mit den schicken Autos zu tun hat als vielmehr mit den Bilanzverhältnissen und der wachsenden Konkurrenz sowohl durch Elektrofahrzeuge als auch perspektivisch durch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge und BZ-Hybride wie auch dem Risiko, dass die Privatisierung scheitert und erhebliche rechtliche wie auch finanzielle Folgen nach sich zieht – für Musk persönlich wie auch für Tesla.
Mein Fazit: Nachdem der Bargeldbestand auf 2,2 Mrd. US-$ gefallen ist und der Verlust im zweiten Quartal 718 Mio. US-$ erreicht hat, kommt Tesla an einer größeren Kapitalerhöhung trotz aller Dementis nicht vorbei …
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Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
Autor: Sven Jösting, August 2018
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