Dem Namen nach müsste der Deutsche Wasserstoff Congress eine große Veranstaltung sein, größer zumindest als all diese Workshops und Konferenzen, die auf Bundesländerebene zu diesem Thema organisiert werden. Doch dem ist nicht ganz so: Auch die sechsten Auflage dieses nationalen Wasserstoffkongresses blieb in einem überschaubaren Rahmen. Rund 120 Teilnehmer erschienen am 22. und 23. Mai 2014 in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund in Berlin und unterhielten sich weniger über wissenschaftliche Entdeckungen als vielmehr über politische Rahmenbedingungen.
Gleich in seiner Begrüßungsrede erinnerte Dr. Frank-Michael Baumann, Geschäftsführer der veranstaltenden EnergieAgentur.NRW, an den ersten Deutschen Wasserstoff Congress, der 2002 von dem inzwischen im wohlverdienten Ruhestand lebenden Prof. Dr. Carl-Jochen Winter organsiert worden war. Baumann verwies auf die Welt-Wasserstoff-Konferenz WHEC 2010 in Essen und erklärte, dass damals mehr die Forschungs- und Entwicklungsthemen im Vordergrund gestanden hätten. „Mittlerweile stehen wir kurz vor der Marktreife – einige Bereiche haben diesen Schritt bereits vollzogen.“ Deswegen liege die inhaltliche Ausrichtung dieses Kongresses seit 2012 eher auf energiepolitischen Aspekten.
Dass in diesem Jahr weniger Gäste als beim letzten Mal erschienen, mag auch daran gelegen haben, dass in diesem Mai die Termindichte extrem hoch war: Einen Tag zuvor traf sich beispielsweise gerade die Zulieferindustrie beim NOW-Workshop – ebenfalls in Berlin – und vier Tage später hatte der Mitveranstalter Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband zur Mitgliederversammlung nach Krefeld eingeladen.
Inhaltlich gab es nicht sonderlich viel Neues zu hören: Prof. Dr. Christian Mohrdieck von der Daimler AG versuchte in seiner Auftaktrede (Keynote-Speech) zum wiederholten Male zu erklären, warum der Stuttgarter Autobauer erst 2017 in die Marktoffensive gehen möchte. Gleichzeitig lobte er „die massive Unterstützung, die aus dem Land Nordrhein-Westfalen kommt“ sowie die bisherigen Leistungen seines Unternehmens, beteuerte abschließend aber nochmals, dass Daimler der Brennstoffzellentechnik treu bleiben werde.
Sehr viel aufschlussreicher war demgegenüber der Vortrag von Enak Ferlemann, dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Ferlemann, der sich selbst als „Anhänger der Wasserstofftechnologie“ bezeichnete, referierte über das bisher im Nationalen Innovationsprogramm für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Erreichte: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen.“ Er blickte jedoch auch in die Zukunft und beteuerte: „Die Förderung von Wasserstoff und Brennstoffzellen sowie von Elektromobilität steht bei der Bundesregierung nach wie vor ganz oben auf der Agenda.“ Er wies außerdem darauf hin, dass derzeit an einem Elektromobilitätsgesetz gearbeitet werde. Hierzu berichtete sein Chef, Verkehrsminister Alexander Dobrindt dem Tagesspiegel am gleichen Tag: „Die erste Stufe soll am 1. Februar 2015 in Kraft treten.“
Enak Ferlemann sicherte in seiner Rede weiterhin den Industrievertretern und Investoren zu, dass „wir Kontinuität herstellen wollen“, dass „es jetzt gilt, den Markthochlauf von Brennstoffzellenprodukten zu unterstützen“. Gleichzeitig erklärte er aber, dass „nicht alles so bleiben wird wie es war“. Er sagte ganz konkret: „Wir werden die Förderung umstellen.“ Abschließend lobte er ausdrücklich das von der Industrie vorgelegte Konzeptpapier zur Markteinführung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien und sprach direkt die versammelten Teilnehmer an: „Unser Land benötigt Sie, die Fachleute! Wir möchten Sie gerne weiter unterstützen und werden dies auch tun.“
Johannes Remmel, der nordrhein-westfälische Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, sprach demgegenüber mehr über den großen energiepolitischen Rahmen und verwies darauf, dass „der beschlossene Atomausstieg einen Vorlauf von 20 Jahren benötigte, in denen die Erneuerbaren Energien entwickelt wurden“. Ohne diese Vorlaufzeit, ohne die langjährigen Entwicklungsarbeiten im Solar- und Windsektor, sei die aktuell diskutierte Energiewende überhaupt nicht denkbar. Ähnlich ist es seinen Ausführungen zufolge bei der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik, die ebenfalls einen gewissen Vorlauf benötige, bevor eine Markteinführung erfolgen könne. Allerdings wies er darauf hin: „Wir können keine neuen Energien in alte Systeme integrieren.“ Die bestehenden zentralisierten Strukturen müssten demzufolge zunächst aufgebrochen werden, um Raum für Innovationen zu schaffen. Remmel sagte, die Technik sei fertig, aber die Rahmenbedingungen müssten noch angepasst werden. Er gab sich offen für neue Ideen, die Energiewirtschaft grundsätzlich umzugestalten, zeigte sich gleichzeitig aber auch skeptisch, ob dies mit der aktuellen Bundesregierung innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre realisierbar sei.
Dr. Klaus Bonhoff, der NOW-Geschäftsführer, gab in seinem Redebeitrag einen Überblick über den Mobilitätssektor und hob die aktuelle Richtlinie der Europäischen Union hervor, die kürzlich feststellte, dass der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur nicht sich selbst überlassen werden dürfe, sondern von der öffentlichen Hand vorgenommen werden müsse.
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