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Beitrag von Sven Geitmann

16. September 2013

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Auf Lolland entsteht das Wasserstoff-Dorf 2.0

H2 Interaction – Info-Zentrum in Vestenskov

H2 Interaction – Info-Zentrum in Vestenskov


Vestenskov ist eine kleine Gemeinde auf Lolland, Dänemarks viertgrößter Insel. Auf dem äußerst ebenen Eiland, der so genannten „Pfannkuchen-Insel“ (pancake island), gibt es reichlich Wind. Da ist es nur logisch, dass nahe dem Küstenstreifen ein großer Offshore-Windpark steht, der so viel elektrische Energie ins Stromnetz speist, dass die rund 70.000 Insulaner damit 50 Prozent ihres Strombedarfs decken können. Zur Abdeckung der restlichen 50 Prozent, und weil der Windstrom nicht gespeichert wird, sind die Inselanwohner auf fossile Energien angewiesen. So war es jedenfalls bis 2006. Damals startete ein sechsjähriges Projekt zur Speicherung der Windenergie in Wasserstoff. Vestenskov wurde zum Wasserstoff-Dorf. Und weil es so gut lief, folgt jetzt Vestenskov 2.0.
In der Bucht von Nakskov ist das bereits Realität, wovon hierzulande die meisten Projektplaner noch nicht einmal zu träumen wagen: In Vestenskov wird Wasserstoff per Elektrolyse aus überschüssiger Windenergie erzeugt. Dieser gespeicherte Windstrom wird schon seit Jahren in Form von H2-Gas gespeichert und über unterirdische Rohre zu Privathäusern geleitet, wo die chemisch gebundene Energie mit Hilfe von Brennstoffzellen in Wärme und Strom umgewandelt wird, so dass die Haushalte komplett autark sind. Überschüssiger Strom fließt ins öffentliche Netz. Der bei der Elektrolyse entstehende Sauerstoff kommt der nahe gelegenen Wasseraufbereitungsanlage zugute.
Begonnen hat alles mit der für zwei Jahre ausgelegten Evaluierungsphase (2006 bis 2008), während der zunächst auf einem Feld am Dorfrand eine Test- und Demonstrationsanlage inklusive der Verrohrung errichtet wurde. Ende 2008 wurden die ersten fünf Haushalte an die Infrastruktur angeschlossen und ihre Ölbrenner gegen Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ausgetauscht. Außerdem galt es, Fragen zur Sicherheit, zur Versorgungsstabilität und zum Betrieb zu klären sowie behördliche Genehmigungen einzuholen. In der dritten Projektphase ging es dann darum, weitere 30 Haushalte an die Wasserstoffversorgung anzuschließen.
Ebbe Petersen, einer der ersten Tester des Dorfes, erklärte: „Wir dachten, das Projekt ist neu und aufregend, weil es uns komplett unabhängig vom teuren Öl machen kann. Außerdem berücksichtigen wir, wann immer es geht, die Umweltaspekte. Die sind für uns von großer Bedeutung. Deswegen hoffe und glaube ich, dass diese Lösung in Zukunft noch in vielen anderen Ortschaften implementiert wird.“ Maßgebliche Veränderungen in ihrem Alltagsleben konnten Ruth und Ebbe Petersen bisher nicht feststellen, außer, dass jetzt eine Mikro-KWK-Anlage in ihrem Haus steht, die die gleiche Größe hat wie der vorherige Ölbrenner. Ebbe Petersen sagte dazu: „Der Unterschied ist, ich muss nicht mehr Öl oder sonst irgendetwas nachtanken.“
Unterstützt wird die Gemeinde von dem dänischen Konsortium Dansk Mikrovarme sowie von der Firma IRD. Der dänische Brennstoffzellenhersteller startete 2005 mit der kommerziellen Produktion seiner BZ-Stacks und investierte drei Jahre später in Fertigungskapazitäten für Bipolarplatten. Im September desselben Jahres besichtigte auch die dänische Königin Margrethe Vestenskov.
Nach Abschluss des sechsjährigen Projekts zogen die beteiligten Partner nun ein Resümee und beschlossen, das Konzept auch anderen Gemeinden anzubieten.

4 Kommentare

  1. Herbert Heinz

    Heutzutage muss jeder der noch Öl und Erdgas kauft, dass er die von den Lieferländern geführten Kriege bezahlt. Wir in Europa sind es die Geld in solche Länder überweisen. Alle die gegen Windkraft, Photovoltaik und Bioenergie sind, müssen für sich gedanklich damit befassen, dass Sie für viele Toten auf diesem Planet verantwortlich sind. Wir haben die Technologie unsere Energie in unseren Ländern selbst zu erzeugen, zu speichern und auch zu verteilen.

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  2. Carl-D.A. Lewerenz

    Was spricht eigentlich gegen ein entsprechendes Projekt an der deutschen Nordsee-Küste?
    Inzwischen ist doch die Technik weiter-entwickelt und die Kosten konnten durch erhöhte Stückzahlen verringert werden.
    Im Verhältnis zu den “erdgas”-betriebenen Brennstoffzellen-gestützten Strom- und Wärme-Erzeugern für den Heizungs-Keller können Wasserstoff-betriebene Brennstoffzellen-Anlagen etwa 40% billiger sein, weil letztere keine Reformier-Einheit benötigen.
    Vielleicht berechnet mal jemand die Vollkosten des Energie-Verbrauchs für die Endverbrauchs-Stellen mit einem derartigen H2-Brennstoffzellen-System!
    Dieser Teil des “final report” zu Vestenskov ist leider “confidential”.

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  3. Axel Wiese

    Moin Herr Heitmann,
    – gibt es zu diesem Projekt ein Update?
    – Können wir evtl. von unserer webseite auf Ihren Blog verlinken?
    Herzliche Grüße,
    Axel Wiese, EES-eV

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  4. Jürgen Heinrich

    Ich bin kolossal begeistert,
    hier wird endlich einmal mit Hand und Herz erkannt, daß wir eine Sisyphus-Aufgabe zu stemmen und größenordnungsmäßig einen Paradigmenwechsel einzuleiten haben!
    Weiter so, und die vorbildlichen Ergebnisse dokumentieren, damit allen klar wird daß wir hauptsächlich am Anfang investieren müssen, dann aber ohne Ende profitieren werden.
    Der Förderverein EnergieTisch Lübeck hat in einem Rahmenplan für Lübeck auch den Wasserstoff in den Mittelpunkt gestellt! Auf der Startseite (s.o.) klicken Sie auf Erneuerbare Energien für Lübeck und kommen dann auch zu einer Präsentation, welche hierzu nähere Erklärungen abgibt!
    Ich freue mich sehr auf die Ergebnisse Ihres Projektes und wünsche Ihnen viele Fortschritte, und daß Sie als Vorbild in Europa weitergereicht werden!
    Jürgen Heinrich
    Vorsitzender im Förderverein EnergieTisch Lübeck

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