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Beitrag von Sven Geitmann

12. Juni 2013

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The Hydrogen Solution – Die Wasserstoff-Lösung

Kommentar von Peter Hoffmann

Peter Hoffmann, Foto: Ben Hoffmann

Peter Hoffmann, Foto: Ben Hoffmann


Rhinecliff, New York – Auf der ganzen Welt werden Regierungen und Unternehmen unaufhörlich angehalten, in Solar-, Wind- und Bioenergie sowie Geothermie zu investieren. Nur in den Vereinigten Staaten sucht man – anders als in Europa oder Asien – eine Diskussion über Wasserstoff und Brennstoffzellen als bahnbrechend neue Technologie weitestgehend vergebens. Das muss sich ändern: Diese sauberen und erneuerbaren Energiequellen stellen nicht nur eine Null-Emissionen-Energieversorgung, sondern auch einen Null-Emissionen-Kraftstoff für Autos und Nutzfahrzeuge, die größten Umweltverschmutzer von allen, in Aussicht.
Viele haben sicherlich schon von den Plänen großer Autohersteller – inklusive Honda, Toyota und Hyundai – gehört, dass Brennstoffzellenautos 2015 kommerzialisiert werden sollen. Daimler, Ford und Nissan planen solche Fahrzeuge bis 2017. Deutschland plant bis 2015 den Bau von mindestens 50 Wasserstofftankstellen als Start für ein landesweites Netzwerk. Japan und Korea haben Ähnliches verkündet. Aber eine noch wichtigere, fast untergegangene Nachricht ist, dass einige europäische Länder – insbesondere Deutschland – Projekte gestartet haben, die erneuerbare Energien wie Sonne und Wind mit Wasserstoff als Energiespeicher kombinieren. Dies ermöglicht saubere, emissionsfreie und stabile Versorgungsnetze, die keine Kohle, kein Öl und keine Kernenergie benötigen.
Eine neue Studie zweier US-amerikanischer Wissenschaftler, Willett Kempton und Cory Budischak, hat ergeben, dass die Kombination aus erneuerbaren Energien und Wasserstoffspeichern ein großes Stromnetz bis 2030 komplett versorgen kann, und zwar zu Kosten, die vergleichbar sind mit den heutigen. Kempton und Budischak entwarfen dafür ein Computermodell mit Wind, Sonne und Speichern für den Bedarf eines Fünftels des USA-Stromnetzes. Kempton sagte: „Die Ergebnisse stehen im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass erneuerbare Energien zu unzuverlässig und zu teuer seien.“ Budischak ergänzte: „Zum Beispiel die Nutzung von Wasserstoff zur Speicherung: Wir können ein elektrisches System, das heute 72 Gigawatt benötigt, zu 99,9 % ersetzen, indem wir 17 GW Solar-, 68 GW Offshore- und 115 GW Onshore-Windenergie verwenden.“ Die Studie lieferte mehreren aktuellen Projekten in Europa wissenschaftlichen Rückhalt.
Das jüngste Beispiel ist das Don-Quichote-Projekt (Demonstration of New Qualitative Innovative Concept of Hydrogen Out of wind Turbine Electricity) nahe Brüssel, wo Energie in industriellem Maßstab für Brennstoffzellengabelstapler gespeichert wird. Dieses Vorhaben und zahlreiche weitere Projekte sind Beispiele für die viel beachtete „Energiewende“ (energy turnaround), die die deutsche Kanzlerin Angela Merkel 2010 ausrief, eines der bisher kühnsten Vorhaben umweltpolitischer Staatskunst. Nach Bill McKibben, Autor und Umweltaktivist, steht Deutschland damit international an der vordersten Front bei der Bekämpfung des Klimawandels: „Die klare Alternative und die besten Nachrichten von 2012 kamen aus Deutschland, diesem einzigen großen Land, das Klimawandel ernst nimmt. […] Da gab es Tage im vergangenen Jahr, in denen die Deutschen mehr als die Hälfte des benötigten Stroms von Solarpanelen bezogen.“ Die Wasserstofftechnik wird ein integrativer Bestandteil dieses sich entwickelnden, auf erneuerbaren und alternativen Energien basierenden Systems Deutschlands sein.
Das Berichtsblatt der Atomwissenschaftler (Bulletin of the Atomic) berichtet in der sechsteiligen Serie „The German Nuclear Exit“, dass Wissenschaftler argumentieren, diese Bewegung weg von der Kernenergie „bringe bereits messbare Wirtschafts- und Umweltvorteile“. Lutz Mez von der FU Berlin erklärte dazu, die Energiewende impliziere politische Reformen in sozialen, wirtschaftlichen, technologischen und kulturellen Bereichen in Deutschland.
Worauf, fragt man sich, warten denn da die zurückliegenden Nationen noch?
Gekürzte Version des im April 2013 bei www.project-syndicate.org auf Englisch veröffentlichten Kommentars. Der Text erschien in 18 Publikationen in 8 Sprachen, inclusive Frankreichs Le Monde, Italiens Il Sole 24-Ore, Qatars Al Jazeera Arabic und South Koreas Joong Ang Daily.

Autor: Peter Hoffmann, Herausgeber vom Hydrogen & Fuel Cell Letter, Autor des Buches Tomorrow’s Energy – Hydrogen, Fuel Cells, and the Prospects for a Cleaner Planet, Kommentar übersetzt von Sven Geitmann

2 Kommentare

  1. Arno A. Evers

    hehe diese Diskussion um des Kaisers Bart
    bzw. um seine Kleider
    kommt leider 40 Jahre zu spät.
    Die Schrecksekunde kann ja so lang sein!
    Wobei ich bitte damit NICHTS geben Peter Hoffmann gesagt habe
    auch ihn kenne ich seit Jahrzehnten und habe in mehrfach in
    seinem Haus in Rhinecliff besucht. liegt direkt a Hudson River.
    Der, da
    wo die Airbusse landen!

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  2. Achim Behrenwaldt

    Machen wir uns nichts vor: In den USA zählt nur die Ökonomie, also Effizienz und Rendite. Umwelt ist mehr oder weniger “Gedöns”. Schön, wenn sie kostenlos mitgeliefert wird, aber kein wichtiger Entscheidungsfaktor.
    Leider gibt es unter den vielen enthusiastischen Umweltideologen nur wenige, die auch akzeptieren, dass nicht alle so enthusiastisch sind wie sie selber. Wenn man sie fragt, ob sie sich denn auch finanziell an einem solche Projekt beteiligen würden und sei es auch nur mit einem Tausender im Rahmen einer Genossenschaft, dann bleiben nur ganz wenige übrig, deren Geld für Projekte dieser Größenordnung bei weitem nicht ausreicht. Also ist man auf die Banken und Finanzinvestoren angewiesen und die entscheiden nicht nach Umwelt, sondern Renditekriterien.
    Mich würden Studien interessieren, in denen die Wirtschaftlichkeit der Projekte dargestellt wird. Wo finde ich die ?

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